Zum Tag der Pressefreiheit

Zum Tag der Pressefreiheit

Zum heutigen Tag der Pressefreiheit hier thematisch passend meine Rezension der interessanten Neuerscheinung "Medienanalyse".

In Zeiten, in denen bei manchen Journalisten das "Haltung zeigen" manchmal wichtiger ist als die Recherche korrekter Fakten - so zumindest mein Eindruck manchmal -, sind Begriffe wie "Framing" oder "Diskursverschiebung durch Themenverengung" aktuell.

Da ich diese Thematik höchst interessant finde, habe ich die Neuerscheinung "Medienanalyse" von Sabine Schiffer gerade verschlungen.

Medienanalyse? Wir, die Mitglieder der bodenständigen „Ethische Rendite“-Gemeinde, beschäftigen uns damit nur am Wochenende. Und voriges Wochenende reichte bei mir aus, um die Neuerscheinung zu lesen.

Zum Nachdenken über das Thema brachte mich vor zig Jahren der Besuch einer Ausstellung namens "X für U. Bilder, die lügen".

In der Ausstellung wurde gezeigt, wie mit Bildern manipuliert werden kann. Und zwar auch jenseits von "Photoshop" - einfach dadurch, dass z.B. nur bestimmte Ausschnitte gezeigt werden.

So erinnere ich mich an ein Foto, das zwei US-Soldaten zeigte sowie einen (ich glaube irakischen) Gefangenen.

Dieses Foto wurde in drei Varianten gezeigt:

  • In einer ist zu sehen, wie ein US-Soldat dem geschwächten gefangenen Soldaten etwas zu trinken gibt. Nett, oder?
  • In der zweiten Variante zeigt sich, wie ein US-Soldat ein Gewehr auf den geschwächten Gefangenen richtet. Gemein, oder?
  • Und in der dritten Variante zeigte sich das Gesamtbild: Ein US-Soldat sichert, während der andere US-Soldat dem Gefangenen etwas zu trinken gibt. Achso!

Je nachdem, welcher Ausschnitt gezeigt wird, erzeugt das Bild eine ganz andere Resonanz - auch, wenn am Bild selbst gar nicht manipuliert wurde.

Interessanterweise wird dieses Bild auch im Buch gezeigt.

Was für gut gefällt: Das Buch ist keine theorielastige wissenschaftliche Publikation - oder wie es die Autorin formuliert, da geht es weniger um  "quantitativ forschende und qualitativ fragende Ansätze".

Stattdessen handelt es sich eher um ein praxisorientiertes Lehrbuch. Erfreulicherweise finden sich auch viele Beispiele aus der Praxis.

Die aus meiner Sicht zentrale Frage lautet:

Wie können wir ohne Sachkenntnis die Qualität eines Medienbeitrags bewerten?

Denn natürlich, wenn ich mich mit der Materie auskenne, ist es leicht...doch was, wenn das nicht der Fall ist?

Hier gibt die Autoren wertvolle Tipps, wo man genauer hinschauen sollte.

Und zwar dann, wenn es bestimmte Signale gibt, die auf Einseitigkeit hindeuten. Ein Beispiel: Bei der Darstellung von Personen wirkt Augenhöhe (oder etwas darunter) laut Autorin "sympathisch", Untersicht hingegen "überheblich".

Wenn es um eine Demonstration geht und dann nur Fokus-Aufnahmen und einzelne O-Töne ausgewählt werden, dann kann es darum gehen, dass ein irreführender pars-pro-toto-Eindruck erweckt werden soll. Eine "Totale" ist da tendenziell glaubwürdiger.

Die Autorin gibt auch Tipps, wie sich leicht im Internet über rückwärts-Bildersuche schauen lässt, ob ein Foto nicht bereits in einem ganz anderen Kontext gebracht wurde. Das ist z.B. bei Bilder von bewaffneten Konflikten mehrere Male der Fall gewesen, auch in öffentlich-rechtlichen Medien, so die Autorin mit konkreten Beispielen im Buch.

Ich persönlich fand die Lektüre des Buches sehr erhellend und ich versuche mir, einige der Tipps/Hinweise zu merken. Damit mir nicht so leicht ein "X" für ein "U" verkauft wird (wie es im Rheinland heißt). Einziger Wermutstropfen aus meiner Sicht: Die Bildqualität der abgebildeten Bilder ist nicht gerade gut.

Insofern nicht nur für kritische Denker/innen in der Ethische Rendite-Gemeinde ein klares Daumen hoch meinerseits für die Neuerscheinung:

Sabine Schiffer: Medienanalyse

Eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei finden Sie bei Interesse unter diesem Link

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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