
Spekulation mit Nahrungsmitteln?
"Ethische Rendite"-Leser Roland H. schrieb mir:
"Sie erwähnten mal, dass sie nicht mehr auf Grundnahrungsmittel spekulieren, aus ethischen Motiven.
Ich habe auch über das Thema nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, dass gerade duch die Spekulation damit die Preise gefestigt werden.
Wenn ich beispielsweise in 6 Monaten Weizen zu einem höheren Preis kaufen würde (Terminkontrakt Long),
dann würden tendenziell die Weizenpreise steigen. Es würde dann auch mehr Weizen angebaut werden, was dann in der Folge Angebot un Nachfrage in eine bessere Balance bringt.Umgekehrt, wenn es eine Weizenschwemme gibt, haben die Bauern Probleme, was langfristig auch keinem hilft.
Den Terminkontrakt long kaufe ich ja auch nur, weil ich auf eine Verknappung spekuliere.
Da ich den Weizen aus dem kontrakt ja nicht physisch konsumiere, landet dieser auf dem Markt.
Meine Spekulationsgewinne werden von denen bezahlt, die die Entwicklung nicht oder zu spät erkannt haben - zugegebenermaßen auch von den Konsumenten.
Es ist zwar so, dass kurzfristigere Spekulation nicht mehr zu einem erhöhten Anbauvolumen beiträgt, aber bei hohen Preisen wird vielleicht mehr Weizen im Produktionsprozess erwirtschaftet, (das Erragsvolumen wird optimiert, nicht die Herstellungskosten) während im anderen Extremfall der Acker mit dem Weizen einfach umgepflügt wird.
Somit hilft die Spekulation in einem intakten Markt zu einer fairen Balance von Angebot und Nachfrage.
Sie sind zu anderen Schlüssen gekommen und da würde ich gerne Ihre Gründe verstehen."
Meine Antwort:
Der Fall, den Sie schildern, ist meiner Ansicht nach auch nicht das Problem. Es gibt aber meiner Erfahrung nach diverse Anleger(innen), die prozyklisch handeln, sprich gerade dann auf Agrar-Rohstoffe setzen, wenn diese charttechnische Kaufsignale liefern wie "Break" über Jahreshoch etc. pp.
Dann können aber gerade durch solche Käufe Preisspitzen noch verstärkt werden. Sprich - steigender Maispreis erhöht Preise für Maismehl in den Emerging Markets. Für jemand, der 50% seines Einkommens dafür ausgibt (wie in manchen Dörfern in Malawi, wo ich mir vor Ort ein Bild von der Situation machte), durchaus ein Problem.
Ich halte es da mit dem Heiligen Augustinus: Im Zweifelsfalle lass die Finger davon!
Schönes Wochenende,
Michael Vaupel