Jean-Remy von Matt: Am Ende

Jean-Remy von Matt: Am Ende

Neulich hörte ich in einem Podcast (OMR / Philipp Westermeyer) ein Interview mit Jean-Remy von Matt, Co-Gründer der Werbeagentur "Jung von Matt". Diese hatte seit Anfang der 1990er einige bekannte Slogans erfunden (laut Verlag z.B. "Bild dir deine Meindung", "Drei, zwei, eins, meins", "wer hat´s erfunden?").

Da ich selbst sehr gerne mit Worten und der deutschen Sprache überhaupt zu tun habe (deshalb ja auch dieser "Blog"), hörte ich mir diese Podcast-Folge mit Interesse an. Zugegeben: Bei "Werbetexter" denke ich durchaus zunächst an etwas produzierte "heiße Luft" und Möchtegern-Traumjob von ehemaligen Kommilitonen, die "irgendwas Kreatives" machen wollten, "und mit Menschen".

Herr von Matt fiel mir im Podcast-Interview positiv auf - vielleicht deshalb, weil er inzwischen etwas älter ist und seine aktive Zeit in der Agentur hinter sich gelassen hat. Er kann so rückblickend mit Gelassenheit seine im Laufe der Jahrzehnte gewonnenen Erkenntnisse thematisieren.

Und wie es sich für jemand Kreativen aus der Werbebranche gehört, hat er auch seinem Buch einen gewissen marketing-technischen Schliff gegegeben.

Das beginnt beim Titel des Buches: "Am Ende" lässt aufhorchen. Ist er am Ende, beruflich oder gesundheitsmäßig?

Der Untertitel des Buchs bringt auf den Punkt, um was es geht: "Erlebnisse und Erkenntnisse aus meinem kreativen Leben".

Das Buch ist kurzweilig und durchaus leicht zu lesen, was am charmant-plauderhaften Schreibstil des Autoren liegt. Und am Konzept:

  • Denn bei weniger als 250 Seiten Umfang ist das Buch in ca. 80 kurze Kapitel unterteilt.
  • Auch und besonders hier zeigt sich der "Werbetexter/Kreative"-Marketingeinfluss des Autoren:
  • Denn er verkündigt, dass das Buch mit jedem Kapitel "schlechter" wird. Das Beste sei am Anfang!
  • Er habe seine ca. 80 Kapitel von einer Jury (transparent, ist aufgelistetet) bewerten lassen. Und abgedruckt sind die Kapitel dann in absteigender Wertungs-Reihenfolge.
  • Man solle mit der Lektüre aufhören, wenn es nicht mehr gefällt - nach dem Motto, besser wird es nicht mehr. Bis dahin würde sich die Lektüre aber mit hoher Wahrscheinlichkeit lohnen.

Gewiss, eine nette Marketing-Idee - die aber wirkt.

Denn - natürlich - konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen.

  • Stimmt das Konzept? Sind die ersten Kapitel wirklich die Besten?
  • Wer hat das bewertet, Blick auf die Jury?
  • Und komm, Vaupel, alte Hupe, das nächste Kapitel liest du auch direkt noch, sind doch nur zwei oder drei Seiten...

Die Kapitel selbst sind eine Art Potpourri aus Anekdoten aus dem persönlichen Leben des Autoren (interessante besondere Rolle seiner Mutter) und "Plaudern aus dem Nähkästchen", was seine berufliche Karriere angeht.

Da gibt es zig Anekdoten zum Beispiel dazu, wie seine Agentur "pitches" gewinnen konnte. Aber keine Sorge, bei reiner Selbstbeweihräucherung würde ich so ein Buch nie empfehlen.

Man merkt dem Autoren beim Buch eine gewisse Eitelkeit an, aber auch gewisse Selbstironie und eine große Offenheit gegenüber eigenen Fehlern. Eine gute "Fehlerkultur" ist ihm demnach wichtig.

Und dann sind da noch Kapitel, die durchaus mitfühlsam z.B. seine Begegnungen mit einem Obdachlosen in seinem Wohnviertel thematisieren.

Es gibt ab und zu einigen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf das Thema Marketing oder Denkanstöße.

Beispiel KI und Personalisierung der Werbung:

Was ich durchaus seufzend als "schöne neue Welt" (abwertend gemeint) thematisieren würde, begrüßt Jean-Remy von Matt.

Seine Mutter habe sich doch auch gefreut, wenn der Gemüssemann ihre kulinarischen Vorlieben kannte - warum das nicht auf die Online-Welt übertragen?

Das muss man nicht so sehen, aber es regt zum Nachregen an. Zumindest mich. Und wenn ein Buch das schafft, dann hat es für mich schon ein Ziel erreich.

Insgesamt ein Daumen hoch meinerseits für:

Jean-Remy von Matt: Am Ende

Eine kostenlose Leseprobe finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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