All quiet in the trenches
Als jemand, der während seiner Studentenzeit einen beträchtlichen Teil der Freizeit mit Computer-Strategiespielen veredelt hat...
...(ehemalige Lebensabschnittsgefährtinnen könnten das Wort "veredelt" möglicherweise durch "verschwendet" ersetzen)...
...wurde ich sofort hellhörig, als ich dies mitbekam:
Eine sympathische kleine deutsche Softwareschmiede hat ein neues Computer-Strategiespiel zum Thema Erster Weltkrieg veröffentlicht.
Keine Frage, dass ich in meiner erneut spärlichen Freizeit das Spiel umgehend anfing zu spielen. Thematisch geht es darum, dass wir als Unteroffizier für eine kleine Gruppe Soldaten an der Westfront die Verantwort übernehmen.
Dabei gefällt mir zum einen der grafische Stil des Spiels sehr gut, siehe obige Grafik. Um es klarzustellen: Es ist kein "shooter" oder Echtzeit-Strategiespiel.
Stattdessen geht es darum, rundenweise (üblicherweise ein Tag) Entscheidungen zu treffen und die eigenen Männer entsprechend zuzuteilen.
Diese Entscheidungen sind nicht trivial und sie haben auch direkte Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf.
Ein Beispiel aus dem Beginn des Spiels: So liegt nach Artilleriebeschuss ein Soldat unter einem Holzbalken schwer verletzt da - und wir können als Unteroffizier zwei der eigenen Soldaten abstellen, um diesen Soldaten rückwärts ins Lazarett zu bringen.
Dem ersten Eindruck zufolge ist er so schwer verletzt, dass er "ohnehin" sterben wird, und ein Soldat der Gruppe schlägt einen "Gnadenschuss" vor.
Oder alternativ besteht die Möglichkeit, schnell den Stacheldraht an einer neuralgischen Stelle der eigenen Verteidigung auszubessern. Denn laut Informationen der Gefechtsleitung steht ein Angriff der gegnerischen Seite bevor und da sollte die eigene Stellung natürlich keine Schwachpunkte aufweisen, in welche der Feind leicht eindringen könnte.
Wie nun entscheiden, wie die eigenen Leute einteilen? Ein klassisches Dilemma.
Entscheidungshilfen sind z.B. die persönlichen Eigenschaften der eigenen Männer. Diese lassen sich abrufen und ergeben so ein Bild der jeweiligen Person...so mag einer "relativ unpatriotisch, tumb aber loyal" sein, ein anderer "intelligent, sehr patriotisch, aufbrausend" etc. pp.
Auch gibt es Angaben zum Beispiel zur Höhe des eigenen Munitionsbestands.
Ich fand das Spielen sehr immersiv...
...in dem Sinne, dass ich gefühlt wirklich in die Stimmung im Schützengraben abtauchte und teilweise regelrecht bedrückt war, oder alternativ der Puls schneller ging, als die Franzosen angriffen...
Wenn ein Spiel eine solche Immersion bei mir erreicht, dann hat es seinen Zweck erfüllt. Ich gebe zu, ich bin befangen, da ich Thematik und Umsetzung und Entwicklerstudio mag!
Etwas Kritik habe ich an der "KI". Ein Beispiel:
Bei einem Angriff der Franzosen befand sich ein französischer Soldat direkt neben meiner Gruppe im selben Graben, es gab aber keinerlei Aktion im Sinne von "auf den schießen wir" oder Grabenkampf oder Flucht oder sonstwas.
Ich möchte aber an dieser Stelle hinzufügen, dass das Spiel im "Early Access" ist, sprich es wird noch an einigen Programmier-Baustellen gearbeitet.
Mehr Informationen zum Spiel finden Sie bei Interesse direkt bei den Entwicklern unter diesem Link.
Mein Fazit:
Ein klares Daumen hoch meinerseits. Wer an regnerischen Winter-Abenden gedanklich in eine andere Welt abtauchen möchte, und das ohne Zeitdruck, sondern rundenbasiert und narrativ, für den ist diese Neuerscheinung äußerst empfehlenswert:
All Quiet in the Trenches
Mit herzlichem Gruß,
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.