Der reichste Mann der Weltgeschichte?
Da mich sowohl Geschichte als auch Finanzen interessieren, wurde ich auf diese Neuerscheinung aufmerksam. Im September erschien vom US-Autoren Greg Steinmetz die deutsche Version seines Buchs "Fugger" bzw. "Der reichste Mann der Weltgeschichte".
Mir ist natürlich bewusst, dass ein Buchtitel manchmal gewollt etwas reißerisch daherkommt. So grübelte ich auch zunächst über die Aussage, dass Jakob Fugger "der reichste Mann der Weltgeschichte" war - wie realistisch ist das?
Freimütig räumt Greg Steinmetz ein: Gewiss, beweisen kann er diese These nicht. Doch Fugger hat - anders als andere Kandidaten für den "reichsten Mann" - eine Buchführung bzw. Bilanzierung seines Vermögens vorzuweisen. Demnach belief sich sein Vermögen zu seinem Lebensende auf ca. 2% der gesamten europäischen Wirtschaftsleistung. Und diese Relation sei "topp", übertroffe auch US-Milliardäre.
Wie dem auch so: Das Buch stellt die Biographie von Jakob Fugger in den Mittelpunkt und ist erstaunlich kurzweilig zu lesen.
So hatte ich durch die Lektüre sozusagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
- Ich las eine spannende Geschichte (denn der Werdegang von Jakob Fugger ist spannend, mit durchaus interessanten Wendungen)...
- Und ich lernte viel über das Wirtschaftswesen in der Zeit der Renaissance
Das war in Europa eine Zeit des Umbruchs. Übrigens auch und besonders im Bereich der Wirtschaft. Zu der Zeit kam die Verwendung der doppelten Buchführung auf, der amerikanische Kontinent wurde entdeckt (aus europäischer Sicht, wohlgemerkt) und stellte vorhandene Handelswege in Frage.
Statt "Venedig-Levante" blühten nun Häfen am Atlantik auf...
Mittendrin Jakob Fugger, der Intelligenz, Risikobereitschaft, fundiertes Fachwissen (auch im Bereich der Buchführung) und den Erhalt von wichtigen Informationen verknüpfte, um sein eigenes Wirtschafts-Imperium aufzubauen.
Dazu gehörte nicht zuletzt die Pflege zu politischen Entscheidungsträgern - hier sei natürlich auf die Beziehungen von Jakob Fugger zum Haus Habsburg verwiesen.
Auch die persönliche Note zu Jakob Fugger fehlt nicht.
Und da geriet ich doch kurz ins Grübeln - war er trotz seines gewaltigen, selbst erwirtschafteten Reichtums glücklich? Laut dem Autoren war seine Frau am Sterbebett nicht anwesend, sondern bei ihrem Liebhaber. Ein Familienleben voller Liebe fehlte. Jakob Fugger hatte dem "immer mehr" in Bezug auf Reichtum Priorität eingeräumt.
Kommt das dem einen oder der anderen in der heutigen Zeit vielleicht bekannt vor? In diesem Sinne ist die Lektüre dieser spannenden Biographie über Jakob Fugger vielleicht auch diesbezüglich "food for thought", wie der Angelsachse sagt. Es geht um das Hinterfragen eigener Prioritäten und Lebensziele. Die Antwort kann natürlich nur individuell ausfallen.
Insgesamt ein eindeutiges Daumen hoch meinerseits für:
Greg Steinmetz: Jakob Fugger - der reichste Mann der Weltgeschichte
Angenehme Lektüre!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.
