Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert

Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert

Eine Tradition, die ich jahrelang hatte: Jedes Jahr in der Zeit "zwischen den Jahren" (zwischen Weihnachten und Neujahr) das jeweils neue Buch von Peter Scholl-Latour ("PSL") lesen. Das geht nun nicht mehr - er ruhe in Frieden.

Ich habe allerdings neulich ein Buch gelesen, dessen Autor mich ein wenig an "PSL" erinnerte. Konkret: Tim Marshall ist der Autor, ebenfalls Journalist - und ebenfalls für Reportagen "vor Ort". Er arbeitete als Politikredakteur für BBC und hat laut den Angaben in seinem neuen Buch aus über 40 Ländern berichtet.

Sein Fokus ist die Geopolitik unter besonderer Berücksichtigung der Geographie. Dazu hatte er vor einigen Jahren einen Bestseller ("Die Macht der Geographie") geschrieben.

Und was tun, wenn ein Buch zum Beststeller wurde? Das Thema erneut aufgreifen, so hier geschehen. Das neue Buch heißt - wenig kreativ, aber effektiv: Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert

Ich habe gerade die in diesem Jahr erschienene Auflage dieses Buches gelesen und bin durchaus begeistert.

Ich räume allerdings ein, dass ich mich sehr für Geographie interessiere und manchmal "einfach so" bei Google Maps auf virtuelle Reisen gehe und mir die Landkarten von exotischen Ländern anschaue. Auch ein Spiel, bei dem es anhand der Grenzen Staaten zu identifizieren galt, machte mir Spaß.

Ich bin allerdings kein Freund von strengen geographisch-deterministischen Aussagen. Nach dem Motto: Dieses Land hat kaum Rohstoffe und ist gebirgig, was einen Binnenmarkt erschwert. Das sollte sich unterdurchschnittlich entwickeln. Und dieses Land wiederum ist großräumig, mit Rohstoffen und größerem Binnenmarkt - das sollte sich überdurchschnittlich entwickeln.

Wer solch einem Determinismus folgt, den möchte ich auf die Beispiele Schweiz oder Norwegen verweisen - die sollten sich dann "arme Länder" sein. Und der Kongo sollte wirtschaftlich blühen. Sieht anders aus.

Insofern ging ich mit einer gewissen Grundskepsis an die Lektüre von Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert.

Nach ungefähr 100 Seiten Lektüre merkte ich aber, dass ich das Buch gar nicht aus der Hand legen wollte. So sehr hatte mich der Autor "hineingezogen".

Denn zum einen finde ich seine Schilderungen der Geographie höchst interessant - da sie nicht abstrakt wissenschaftlich sind, sondern sehr konkret im Hinblick auf geopolitische Auswirkungen. Dabei greift er auch auf geschichtliche Entwicklungen zurück. Nach dem Motto, dieses Land ist schwer zu erobern, da direkt hinter den Küsten das XY-Gebirge beginnt, zudem gibt es da kaum Trinkwasser, eine Invasionsarmee sähe sich schnell mit Logistikproblemen und Guerilla-Kriegsführung konfrontiert...

Dazu beginnt jedes der 10 Kapital mit einer großen Karte, in welcher dann auch die entsprechenden Gebirgszüge eingezeichnet sind. Jedes Kapital bezieht sich auf einen Staat oder eine Region - übrigens ist auch unkonventionell "Der Weltraum" dabei. Siehe hier dieser Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:

Neben der Schilderung der Geographie des jeweiligen Landes/der jeweiligen Region fügt der Autor - ganz Journalist - auch persönliche Erfahrungsberichte aus dem Gebiet hinzu. Und er gibt einen Abriss über die Geschichte des jeweiligen Landes.

Beim Thema geschichtlicher Abriss winkte ich einige Male ab - "eh scho wissen". Es ist zudem schwer, bei einer alten Kulturnation wie dem Iran in wenigen Seiten einen geschichtlichen Abriss zu geben...

Doch da der Autor versteht, gut zu schreiben und gleichzeitig Fakten zu bringen, war auch das letztlich ein Lesegenuss für mich. Angenehm ist die Lektüre allerdings nicht unbedingt, da sie mit dem Finger auf mögliche Konfliktherde der Zukunft zeigt.

So ist das eben in einer zunehmend multipolaren Welt. Es kann nicht schaden, durch Bücher wie dieses darauf hingewiesen zu werden. Denn nur "Nabelschau" im eigenen Land ist doch nicht zielführend - und eher langweilig.

Also wer weiß, vielleicht habe ich eine neue Tradition für die Weihnachtsferien. Ich hoffe jedenfalls, dass dieses neue Buch von Tim Marshall nicht das Letzte von ihm gewesen ist. Den Namen merke ich mir.

Wie heißt es doch so schön bzw. erschreckend? Krieg ist Gotts Weg, uns Geographie beizubringen. Es geht auch unkriegerischer, mit der Lektüre dieser lesenswerten Neuerscheinung:

Tim Marshall: Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert

Eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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