Die Welt der Gegenwart

Die Welt der Gegenwart

Zu einem (der wenigen?) Lichtblicke im Bereich des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks gehört für mich definitiv der deutsch-französische Sender ARTE.

Und jahrelang habe ich dort die Sendung "Mit offenen Karten" mit Interesse angeschaut.

Kurz und knackig, mit aussagekräftigen Karten, bis 2016 vom leider dann - viel zu früh - verstorbenen Jean-Christophe Victor präsentiert. Er ruhe in Frieden.

Inzwischen moderiert die aparte französische Journalistin Émilie Aubry die Sendung. Und als ich mitbekam, dass diese zusammen mit Frank Tétart einen "geopolitischen Atlas" namens "Die WElt der Gegenwart" veröffentlicht hat, legte ich mir diesen umgehend zu. Meine Anmerkungen dazu:

Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch - denn der Atlas ist durchaus gut und informativ, Begeisterungsstürme meinerseits konnte ich allerdings nicht feststellen.

Das liegt zum einen an rein subjektiven Befindlichkeiten. So finde ich den Stil der Karten nicht optimal, und manchmal sind sie mir schlicht und einfach zu klein. Das kann aber auch durch altersbedingtes Nachlassen der Sehfähigkeit bedingt sein.

Es sind mir für einen Atlas auch definitiv zu wenig Karten und zu viel Text.

So hätten die Autoren meiner Ansicht nach bei allgemeinen Themen wie Abrissen der Geschichte Deutschlands oder Frankreichs sparen können, stattdessen mehr Karten und eher wenig beachtete Regionen.

Und peinlich für einen Atlas fand ich diesen Fehler: Auf S. 72 wird erläutert, dass Venezuela im Osten an Französisch-Guayana grenzt.

Das ist sachlich falsch, denn Französisch-Guyana liegt zwei Länder weiter östlich...zunächst grenzt Venezuela im Osten an Guyana, dann kommt Surinam und dann erst Französisch-Guayana.

Das wusste ich, weil ich an anderer Stelle von den Gebietsansprüchen Venezuelas auf einen Gebietsstreifen im östlichen Nachbarland gelesen hatte. Dort werden größere Rohstoff-Vorkommen vermutet.

Wenn das Nachbarland Französisch-Guyana wäre, dann könnte das einen Konflikt mit Franzreich bzw. der Europäischen Union bedeuten. Doch wie gesagt, es geht hier nicht um Französisch-Guayana.

Meinen Kopf schütteln musste ich auch bei diese Formulierung im Kapitel zu Venezuela:

"Der Wohlstand des Landes (ist) erst bei einem Mindestpreis von 70 Dollar je Barrel garantiert" (bezogen auf den Ölpreis).

Garantiert?! Aktuell liegt der Ölpreis bekanntlich deutlich über der genannten Marke, und der "Wohlstand" Venezuelas ist keineswegs "garantiert". Vielmehr gibt es dort hohe Schulden, Inflation und Zehntausende oder gar Hunderttausende, die aus wirtschaftlichen Gründen das Land verlassen haben.

Auch die Einordnung des "Barossy Valley" in Südaustralien im Kapitel "Asien" (!) finde ich für einen Atlas unwürdig.

Dagegen glänzt der Atlas bei der Auswahl der besprochenen Regionen. Beispiel: Die schwedische Insel Gotland, die neue strategische Bedeutung erlangt hat, oder Natanz im Iran als "Epizentrum der Spannungen", so der Atlas. Auch ein Kapitel über die Sahel-Zone und hier besonders den Staat Mali finde ich äußerst gelungen.

Eine kostenlose Leseprobe finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Insgesamt ein durchwachsenes Fazit meinerseits für:

Émily Aubry: Die Welt der Gegenwart

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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