Rezension: Autobiographie Horst Janson

Rezension: Autobiographie Horst Janson

"Was, so alt ist der schon? Da hat er sich ja vielleicht besser gehalten als ich" - so ungefähr meine Gedanken, als ich neulich las, dass Horst Janson kommenden Monat 85 Jahre alt wird. Kurz davor = in diesen Tagen ist seine Autobiographie erschienen mit dem treffenden Titel:

Der 85-jährige, der morgens aufstand und immer noch jung war

Normalerweise nehme ich von der Lektüre einer Autobiographie Abstand, wenn es sich um einen Prominenten handelt und unter dem Autoren der Begriff "mit XY" steht.

Denn das bedeutet üblicherweise nichts Anderes, als dass der/die Prominente besagter Person XY an zwei Nachmittagen bei einem Glas Wein ihre komprimierte Lebensgeschichte erzählt hat. Und besagte Person XY hat dann daraus die Autobiographie "gebastelt" - im Hinblick auf das, was die Leser wünschen und nicht unbedingt das, was authentisch war.

So zumindest mein Schubladen-Denken (bin ja froh, wenn ich bei der Auswahl der Lektüre aufgrund der massenhaften Neuerscheinungen etwas aussieben kann.)

Hier findet sich unter dem Autoren zwar ebenfalls der Begriff "mit XY" - und dennoch habe ich eine Ausnahme gemacht und das Buch gelesen. Und ich wurde nicht enttäuscht.

Ich gebe zu, ich bin aber auch keineswegs objektiv, sondern höchst subjektiv: Denn Horst Janson gehört zu meinen Lieblings-Schauspielern aus dem deutschsprachigen Bereich.

Sei es "Der Bastian", der Antikriegsfilm "Wiegenlied der Verdammten" oder auch seine Auftritte in der "Sesamstraße": Stets habe ich mir gerne Filme/Serien mit ihm angeschaut und fand bzw. finde ihn richtig klasse. Wobei mir bewusst ist, dass ich da durchaus den Fehler begehe, die der Filmfigur zugeschriebenen Eigenschaften automatisch auf den Schauspieler selbst zu übertragen.

Zur Autobiographie selbst:

Zu Beginn war ich recht enttäuscht. Da wird von einer Hüft-OP von Horst Janson berichtet, von Dingen wie Unterwassergymnastik und der Beschreibung, wie er sich Zahlen merkt. Nun ja. Das alles recht glatt geschrieben, so wie ich es von einer Ghostwriterin erwarten würde, die im Hinblick auf ein Mainstream-taugliches Buch schreibt.

Ich las aber weiter und bin froh, das getan zu haben. Denn schon wenig später fand ich diese Autobiographie sehr lesenswert. Denn zusammen mit der Beschreibung des Lebens von Horst Janson wird dem Leser hier auch direkt deutsche Zeitgeschichte geschildert.

Dazu gehören auch subjektive Impressionen - wie der Blick des Kindes Horst Janson von der rechten Rheinseite auf das in Flammen stehende Mainz nach einem großen Bombenangriff des Zweiten Weltkriegs. Oder seine Beschreibung, wie er in Berlin an der Schauspielschule war und dort bei einer Flucht aus Ostberlin mithalf.

Die Anekdoten von den diversen Filmdrehs gefielen mir gut - und da ich einen großen Teil der genannten Filme kenne, kam da bei mir selbst etwas Nostalgie auf. Wie war das mit Peter O´Toole am "Set"? Wie war es, zusammen mit Klaus Löwitsch und Robert Mitchum bei "Steiner - das Eiserne Kreuz" zusammenzuarbeiten? Und wie verlief eigentlich der weitere Lebensweg von Horst Janson?

Um nicht zu "spoilern", möchte ich es damit belassen. Meine Sympathie für den Schauspieler und den Menschen Horst Janson ist jedenfalls ungebrochen.

Eine gewisse positive Grundeinstellung zur Person sollten Sie haben, sonst können Sie sich die Lektüre dieser Autobiographie sparen (gilt das im Grunde nicht für die meisten Autobiographien, es sei denn von historisch bedeutsamen Persönlichkeiten?). Sofern dies vorhanden ist, dann kann ich die Lektüre empfehlen:

Horst Janson mit Melanie Köhne: Der 85-jährige, der morgens aufstand und immer noch jung war

Mit herzlichem Gruß!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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