HV Bericht artec technologies AG

HV Bericht artec technologies AG

Die diesjährige ordentliche Hauptversammlung (HV) der artec technologies AG (kurz „artec“) fand am 3. Juni 2022 als virtuelle Veranstaltung statt. Hier mein Bericht für Sie:

Beginn war gegen 10:00 Uhr.

Die Veranstaltung wurde durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats Veith Hamper eröffnet. Dieser stellte fest, dass keine Gegenanträge oder Ergänzungen der Tagesordnung eingegangen sind. Eine Generaldebatte im üblichen Sinne sei nicht vorgesehen – da während der HV keine Fragen gestellt werden könnten. Bis einen Tag vor der HV konnten Fragen eingereicht werden. Nach weiteren, üblichen Formalia verwies Herr Hamper auf den Bericht des Aufsichtsrats. Dieser sei im Geschäftsbericht abgedruckt – weshalb auf eine Verlesung verzichtet wurde.

Danach erteilte der Aufsichtsratsvorsitzende dem Alleinvorstand Thomas Hoffmann das Wort.

Alleinvorstand Thomas Hoffmann bedauerte zunächst, die Aktionäre/innen nicht persönlich begrüßen zu können. Es sei jedoch dankbar für die virtuelle Lösung, die das Wahrnehmen der Aktionärsrechte ermögliche und zeigte sich zuversichtlich, dass die nächste Hauptversammlung wieder physisch stattfinden könne.

Er möchte versichern, dass die artec Technologies AG wirtschaftlich gut aufgestellt ist. Im Berichtsjahr 2021 und auch im aktuellen Jahr 2022 konnte von Maßnahmen wie Kurzarbeit abgesehen werden. „Wir haben uns schnell den aktuellen Bedingungen angepasst“, so Hoffmann. Es seien keine Forderungsausfälle zu beklagen und es gebe weder Reklamationen , die von Bedeutung wären, noch seien Klagen anhängig.

Er kündigte an, seinen Vortrag in 4 Teile zu gliedern:

  1. Verlauf Geschäftsjahr 2021 (Ertrags-, Vermögens-, Finanz-Lage)
  2. Verlauf 1. Halbjahr Geschäftsjahr 2022
  3. Ausblick 2. Halbjahr Geschäftsjahr 2022 und 2023
  4. Strategie 2022/2023

Verlauf Geschäftsjahr 2021 (Ertrags-, Vermögens-, Finanz-Lage)

Es konnten neue Kunden akquiriert werden. Zielgruppe seien weiterhin Sicherheitsbehörden, aber auch eine Raumfahrtagentur wurde als neuer Kunde genannt. Bestimmte Expansionsziele für 2021 hätten sich allerdings noch nicht in den Zahlen widergespiegelt, so wie der Vorstand das ursprünglich erwartet hätte. Durch Kosteneinsparungen seien Grundlagen für noch bessere Skalierbarkeit geschaffen worden.

In der Produktentwicklung seien wichtige Meilensteine erreicht worden. artec sehe im BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) Bereich erhebliches Wachstumspotenzial. Sicherheitsbehörden würden bei der Verbrechensaufklärung und -prävention die Überwachung und Auswertung der Sozialen Medien und andere Informationsquellen stärker einbinden.

Das BOS-Geschäft ergebe einen Großteil des Jahresumsatze, insbesondere durch wiederkehrende Erlöse aus Cloud- und Serviceleistungen. Der Vorstand sehe für die nächsten Jahre im BOS-Bereich erhebliches Wachstumspotenzial.

Im Bereich XENTAURIX Media & Broadcast Loggern wurde die Einführung der Instant Replay Funktion genannt, die eine stufenlose Wiedergabe vom Livesignal ermögliche, und das ohne Bufferzeit.

Des Weiteren wurde die Entwicklung des MULTIEYE MOVES (Mobile Observation Video System) erwähnt, welches als Individuallösung entwickelt und anschließend standardisiert wurde.

Aktuell seien dieses System sowie das Produkt Multieye STORM auf einer Fachmesse (GPEC in Frankfurt) ausgestellt worden und seien auf reges Interesse gestoßen.

Quelle: artec

Zu den Geschäftszahlen: Die Umsätze sanken 2021 auf 2,5 Mio. Euro nach 3,1 Mio. Euro 2020. Die Gesamtleistung nahm in ähnlichem Umfang ab, von 3,6 Mio. Euro 2020 auf 3,0 Mio. Euro 2021.

Was war der Grund für den Umsatzrückgang? Corona-Pandemie führte zu erheblichen Beeinträchtigungen. Folgeaufträge bei Bestandskunden fielen weg. Im Geschäftsfeld BOS hingegen gab es Wachstum. Da konnten nicht alle eingegangenen Aufträge termingerecht ausgeliefert werden (Stichwort Lieferengpässe).

Die Einsparungen (Reisekosten, Provisionen, weniger Mitarbeiter) führten dazu, dass das Ebitda nur relativ gering zurückging. So sank das Ebitda von 0,34 Mio. Euro 2020 auf 0,27 Mio. Euro 2021. Beim Ebit (= Ergebnis vor Steuern und Zinsen) hieß es -0,38 Mio. Euro nach -0,23 Mio. Euro 2020.

Trotz weniger Personal (45% Personalaufwandsquote) wurde die Handlungsfähigkeit voll erhalten.

Wir gehen von niedrigeren Abschreibungen in den folgenden Jahren aus (Abschreibungen auf aktivierte Eigenleistungen).

Zur Bilanz: 45,1% der Aktiva machen selbstgeschaffene geschaffene gewerbliche Schutzrechte aus.

Der Free Cash Flow wurde mit +70.000 Euro festgestellt und zeigt das erste Mal seit 2015 einen leichten Überschuss. Der operative Cash Flow stieg deutlich, von 120.000 Euro auf 600.000 Euro. Der Grund: Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen haben sich fast halbiert.

Im Rahmen einer aktuellen Bonitätsanalyse der Deutschen Bundesbank sei artec ganz aktuell erneut mit der Bewertung „notenbankfähig“ eingestuft worden, so Alleinvorstand Hoffmann. Die Einstufung sei bis Mai 2023 gültig. Zu den Zahlen seien auch die unternehmensspezifischen Verhältnisse, die aktuelle Unternehmensentwicklung und die Zukunftspotenziale in die Beurteilung einflossen.

Quelle: Unternehmensangaben

 Der Kassenbestand lag per Ende 2021 bei komfortablen 0,52 Mio. Euro (nach 0,47 Mio. Euro per Ende 2020).

Der Aktienkurs verlor im Jahresverlauf rund 39%. Manche Technologie-Aktien verloren noch stärker, Herr Hoffmann nannte Mobotix, mit mehr als 50% Kursverlust, ein Unternehmen das ebenfalls der Sicherheitsbranche zuzuordnen ist und im Freiverkehr geführt werde.

„artec ist aus fundamentaler Sicht weder über- noch unterbewertet“, so zitiert Herr Hoffmann gemäß einer KI-Aktienanalyse mit Rating „Hold“, die am 30.5.22 auf dem Portal aktiencheck.de veröffentlicht wurde. Zum 31.12.2021 gab es zwei Analystenhäuser, welche die Aktie coverten (für Details wird auf die Artec-Internetseite verwiesen, Rubrik „Investor Relations“).

Verlauf 1. Halbjahr Geschäftsjahr 2022

Nach einem erfreulichen Geschäftsverlauf und gutem Auftragsbestand im 4. Quartal 2021 startete artec trotz anhaltender Corona-bedingter Herausforderungen und einer extrem angespannten Situation auf den Beschaffungsmärkten mit positiven Vorzeichen in das neue Jahr 2022 und verzeichnen im ersten Quartal 2022 ein Umsatzplus von 28%.

artec habe eine Krypto-Wertpapieranleihe emittiert. Dabei handele es sich um eine alternative Form der Unternehmensfinanzierung. Die Emission sei noch nicht abgeschlossen. Der Emissionszeitpunkt sei ungünstig gewesen wegen externer Faktoren (Ukraine-Konflikt).

Das Segment „Broadcast“ solle nach den „schwierigen Corona-Jahren“ nun von Nachhol-Effekten profitieren. Allerdings blieben die Beschaffungsmärkte (Elektronik, Halbleiter) unsicher.

Ausblick für 2. Halbjahr 2022 und 2023

Der Vorstand gehe davon aus, dass sich die Situation bei den Zulieferern noch verschärfen und erst im kommenden Jahr entspannen würden. Die Nachfrage nach den Produkten der artec sollte weiter steigen, was Gesprächen mit Kunden während einer mehrtägigen Messeveranstaltung, der GPEC in Frankfurt, in dieser Woche bekräftigt hätten.

Mit größeren Auftragseingängen aus dem Mittleren Osten werde gerechnet. Entsprechende konkrete Angebotsgespräche bzw.Verhandlungen mit Bestandskunden würden geführt. Ebenso eine vom Ingenieursteam der artec entwickelte Technologie werde im militärischen Umfeld einer Seestreitmacht getestet und sei vielversprechend.

Erfreulich sei, dass in 2022 wieder die für die artec wichtige Fachmesse IBC im September stattfände. artec erwarte Abschlüsse und neue Impulse.

Insgesamt zeigte sich der Alleinvorstand durchaus optimistisch:

artec habe einen starken Kundenstamm mit wiederkehrenden Umsätzen. Und eine Krise bringe oft viele neue Chancen mit sich. Nur wer die Weichen für die Zukunft richtig stellt, werde Erfolg haben. Das operative Ziel und die hierzu erforderlichen Maßnahmen. Die genannten Ziele bis 2023:

  • Marktführerschaft in unserem Bereich
  • Umsatz von 5 Mio.+ ab 2023
  • Die Erweiterung des Leistungsspektrums (Beispiel F&E Blockchain Technologie)

Wettbewerbsintensiver Markt Sicherheit – artec konzentriere sich auf Behörden.

Das BOS Projekt sei bei Ausbildungsstellen der Polizei als zentrales System etabliert. Ein Ausweichen auf andere Produkte solle für unsere Kunden im Behördenbereich unattraktiv gemacht werden.

Das Vertriebsteam sei verstärkt worden, um die artec Produkte stärker vermarkten zu können.

Die Generaldebatte

Es folgte das, was ich bei einer HV normalerweise am interessantesten finde: Die Generaldebatte! Die Aktionärinnen/Aktionäre stellen Fragen - Vorstand und/oder Aufsichtsrat antworten. Gelebte Aktionärs-Demokratie sozusagen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit weiche ich hier teilweise vom chronologischen Verlauf ab.

Es wurden mehrere Fragen fristgerecht eingereicht – zur Beantwortung:

Antworten:

Ein Aktionär reichte 4 Fragen ein:

Frage Nr.: 1

Wir haben ausschließlich Fragen zum Thema Krypto-Wandelanleihe:

Erläutern Sie bitte, weshalb es juristischen Personen ungeachtet der DSGVO zur Zeichnung zwingend notwendig war, die Namen, Anschriften und Geburtsdaten sämtlicher Anteilseigner und nicht nur die des wirtschaftlich Berechtigten der Tradias GmbH mitzuteilen. Dies ist deutlich mehr, als selbst bei Kontoeröffnungen bei einer Bank notwendig ist

und

Frage Nr.: 2

Erläutern Sie bitte, wieso Sie auf diesem Wege die Geschäftsführer und Vorstände juristischer Personen absichtlich in eine derart missliche Lage bringen, entweder auf ihr Bezugsrecht zu verzichten oder mit entsprechendem Risiko auf gesetzliche Strafmaßnahmen gegen die DSGVO zu verstoßen.

 Zusammenfassende Antwort zu den Fragen Nr. 1 und Nr. 2: Das Bezugsrecht konnte auch ohne Angaben der genannten Informationen ausgeübt werden. Allerdings ist zu beachten, dass für die Abwicklung eine Art Konto eröffnet werden musste. Im Rahmen eines solchen Prozesses sind regelmäßig KYC-Angaben zu machen. Die in diesem Zusammenhang geforderten Informationen sind Teil des üblichen KYC Prozesses des Abwicklers und werden auch so von anderen Banken bei Kontoeröffnungen nach ihren internen Regularien gefordert. Dies war Teil der Bedingungen für den Erwerb dieses Rechts so wie es bei einer Aktie die Eröffnung eines Wertpapierdepots ist.

Frage Nr.: 3

Erläutern Sie bitte, welche Publikums-AGs namentlich am Bezug der Krpto-Wandelanleihe teilnahmen und erfolgreich gezeichnet haben. Die Nennung der Namen der juristischen Personen ist nach Art. 1 der DSGVO unbedenklich.

 Leider können wir diese Frage aus rechtlichen Gründen nicht beantworten.

Frage Nr.: 4

Erläutern Sie bitte, was mit den Bezugsrechten geschehen ist, die an der Bezugsausübung der Krypto-Wandelanleihe nicht teilnahmen.

 Wie im Bezugsangebot erläutert, sind nicht innerhalb der Bezugsfrist ausgeübte Bezugsrechte ersatzlos verfallen. Die nicht bezogenen Schuldverschreibungen der artec-Krypto-Unternehmenswandelanleihe können von Anlegern in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 11. März 2022 über die Tradias Plattform erworben werden.

Die Abstimmungen

Hier gab es keine Überraschungen. Allen Vorschlägen der Verwaltung wurde großer Mehrheit zugestimmt. Die Präsenzquote inkl. Briefwahlstimmen lag den Angaben zufolge bei 40,30%.

TOP 2 (Entlastung Vorstand): 99,81% Ja-Stimmen

TOP 3 (Entlastung Aufsichtsrat): 99,82% Ja-Stimmen

TOP 4 (Wahl des Abschlussprüfers): 99,17% Ja-Stimmen

Um 11:20 Uhr schloss der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Versammlung.

Noch ein paar Anmerkungen zur kulinarischen Seite:

Angesichts des virtuellen Formats – nicht vorhanden. 

Mein Fazit:

Die artec technologies AG ist in einem – meiner Ansicht nach – hoch interessanten Geschäftsfeld tätig. Observations- und Management-Systeme in Sicherheitsbehörden sind derzeit – leider, möchte ich sagen – sehr gefragt. Und wer sich mit Behörden auskennt, weiß, dass da die Mühlen gelegentlich langsamer mahlen. Wer da einen Fuß in der Tür hat – wie artec -, der kann tendenziell mit Folgeaufträgen rechnen. Außerdem gefällt mir der Ansatz von artec, sich unverzichtbar zu machen. So ist die Einstiegshürde für Konkurrenten hoch. Denn es geht hier um sicherheitsrelevante Themen – da wird nicht so schnell zu einem Konkurrenten gewechselt, auch wenn der einen Ticken günstiger sein sollte. Apropos günstig: Per Ende 2021 betrug die Höhe des Eigenkapitals 3,733 Mio. Euro. Bei rund 2,86 Mio. Aktien entspricht das ca. 1,30 Euro je Aktie. Damit notiert die Aktie derzeit bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von unter 2, was ich für diese Wachstumsbranche günstig finde. Positiv bewerte ich, dass hier der Gründer und Alleinvorstand stark selbst investiert ist („skin in the game“). Die Profitabilität von artec ist indes gewiss verbesserungswürdig: Für 2021 errechne ich ein Ergebnis von -0,06 Euro je Aktie. Wenn hier im laufenden Geschäftsjahr mit steigenden Umsätzen aufgrund von Skaleneffekten die Rückkehr in die Profitabilität erfolgt, sollten auf Sicht von 12-24 Monaten signifikant höheren Notierungen drin sein. An dem erklärten Ziel, den Umsatz im Geschäftsjahr 2023 auf mindestens 5 Mio. Euro zu steigern, wird sich der Vorstand messen lassen können.

Artec technologies Aktie

ISIN: DE0005209589

WKN: 520958

 Handel an mehreren deutschen Börsenplätzen möglich

Und hier noch das Zitat zum Tag:

„Viele kleine Aktionäre, an vielen kleinen Orten, die viele Dinge tun, werden das Antlitz dieser Welt verändern."

- Von mir abgewandeltes afrikanisches Sprichwort

Mit freundlichem Gruß!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt

Mehr zum Thema bei Interesse in meiner kostenfreien, geschlossenen Facebook-Gruppe zum Thema Hauptversammlungen: https://www.facebook.com/groups/hauptversammlung24/

Disclaimer                                           

Der vorliegende Beitrag ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Einverständnis des Autoren nicht veröffentlicht oder weitergegeben werden. Der Beitrag dient lediglich der Information. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernimmt der Verfasser keine Gewähr. Insbesondere wird keine Haftung für die enthaltenen Informationen im Zusammenhang mit einem Wertpapierinvestment übernommen. Quelle der Daten für diese Seite: marketscreener.com, Unternehmensangaben, eigene Berechnungen, eigene Fotografien.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

Mehr über mich

You must be logged in to post a comment.