Rezension: Timmerbergs Reise-ABC
Das verlängerte Wochenende habe ich dazu genutzt, um gemütlich Timmerbergs Reise-ABC zu lesen. Ich wollte schon länger einmal etwas vom Autoren Helge Timmerberg lesen.
Und das kam so: Generell mag ich es, zu reisen, und zwar individuell und nicht per Pauschalreise, die ich aber gar nicht abwerten möchte. Bei mir ging es schließlich um anderen Dinge, z.B. um die Recherche zu einem Explorer-Unternehmen im südlichen Afrika, das Anlegen von Gemüsegärten in Malawi oder die Recherche zu einer geplanten Erdölbörse im Iran. Gefällt mir, sofern es für mich keine nachhaltig schlechten Erlebnisse dabei gibt. Richtig abenteuerlich war es dabei übrigens Gottseidank nicht, es gab allerdings schon einige besondere Situationen auf dem Weg von Nord-Malawi nach Namibia - mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Von Road-Movies, Beatniks-Literatur und Gonzo-Journalismus
Als ich nach passender Lektüre zum Thema "Reise" suchte (man bemüht sich ja, kein reiner Fachidiot zu sein), versuchte ich es einmal mit Werken der Beatniks-Generation, der Klassiker ist da wohl "On the Road" von Jack Kerouac. Gefiel mir aber nicht - vielleicht auch, weil mir da gewissermaßen das Augenzwinkern fehlte, mit dem der Autor auch sich selbst einmal auf die Schippe nimmt.
Genau das habe ich bei der Lektüre von Timmerbergs Reise-ABC gefunden. Der Autor Helge Timmerberg gilt als klassischer Vertreter des sogenannten Gonzo-Journalismus. Der macht im Grunde das, was ich mit meinem Blog tue: Keineswegs neutral-objektiv berichten (sofern das überhaupt möglich ist), sondern höchst subjektiv.
Und Helge Timmerberg macht dies auf so glänzende Weise, dass ich bei der Lektüre seiner locker-flockigen Texte gewissermaßen dauerhaft ein leichtes Schmunzeln im Gesicht hatte und mir eigentlich gerne einen Longdring dazu genehmigt hätte.
Nun kam hinzu, dass mich das Thema "Reise-ABC" auch sehr interessiert. Denn es handelt sich hier um keine zusammenhängende "Story", sondern um im Grunde wirklich um einen Reise-Ratgeber von A bis Z. Gerade für Individualreisende durchaus empfehlenswert!
Von A wie "Anfängerfehler" bis Z wie "Zahnarzt". Richtig, Zahnarzt - das kann zum Problem werden, wenn man z.B. in Nordindien unterwegs ist, wie Timmerberg schildert.
Auch beim Sonnenbaden unter Kokospalmen sei Vorsicht angebracht. Hierzulande oft genug Inbegriff der "Erholung" - bis dann Timmerberg darauf hinweist, dass eine Kokosnuss, die 2 Kilogramm wiegt und auf einmal von der Palme fällt, einen Menschen töten kann. Und die Kokosnüsse fallen natürlich herab, wie sich leicht beobachten lässt. Ich möchte jedenfalls nicht einen Nachmittag lang unter einer Palme mit hochhängenden Kokosnüssen liegen.
Was, wenn einen die Meeresströmung beim Schwimmen aufs Meer hinauszieht? Hier der Tip von Timmerberg: Nicht gegen die Strömung anschwimmen, sondern zur Seite raus - oft genug ist der Sog nach wenigen Metern weg.
Wann Sie sich über einen Gecko im Zimmer freuen sollten
Und dass ein Gecko im Zimmer kein Grund für eine Beschwerde sein sollte - sondern Anlass zur Freude, habe ich in Afrika selber gemerkt (denn der Gecko frisst Moskitos und seitdem mag ich Geckos sehr).
Auch zum Thema Trinkgeld oder gebe ich Bettlern etwas gibt es klare und meiner Ansicht nach durchdachte Ansagen. Und rein rationale Erwägungen der Art, dass es keinen Nutzen bringt, einem Zimmermädchen Trinkgeld zu geben - diese "erwarten nichts" und erledigen ihre Arbeit so oder so. Der Charme von Timmerberg zeigt sich aber daran, dies rational zu begründen - um dann doch das Gegenteil zu tun, denn es "hat Stil", wenn man ein Lächeln provozieren kann, das man gar nicht mehr sieht (wenn das Zimmermädchen nach der eigenen Abreise ein Trinkgeld mit Dankeschön unter dem Kopfkissen findet).
Denjenigen unter Ihnen, die auch gerne reisen, kann ich Ihnen Timmerbergs Reise-ABC wirklich ans Herz legen.
Ich grüße Sie herzlich mit den besten Wünschen für Gesundheit, Arbeit und Wohlergehen.
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt
