Gaub: Eine Farm und Missionsstation
Im Windhoeker Kuiseb Verlag erschien ein neues Buch von Hans Hilpisch: „Gaub: Eine Farm und Missionsstation im Spiegel der Geschichte Namibias".
Der Autor hat sein Buch inzwischen persönlich sowohl in Windhoek als auch in Swakopmund vorgestellt.
Die Arbeit von Hans Hilpisch kenne und schätze ich seit Jahren, und so habe ich auch diese Neuerscheinung umgehend gelesen.
Der Name des Buches ist Programm. In dem Buch geht es intensiv um die Farm und Missionsstation "Gaub" in Namibia bzw. früher (Deutsch-)Südwestafrika.
Deshalb direkt die Einschränkung: Es ist ein Buch mit einem eng begrenzten Thema, das gewiss nicht massentauglich ist. Sofern Sie sich nicht grundsätzlich für die Geschichte Namibias interessieren, rate ich dazu, die Lektüre dieses Beitrags an dieser Stelle abzubrechen.
Sie sind ja noch da? Dann weiter mit der Rezension dieses Buchs.
Mich persönlich interessiert Gaub im Zusammenhang mit der christlichen Mission in Namibia. Und als Rheinländer freue ich mich besonders, dass dabei die "Rheinische Mission" eine sehr wichtige Rolle gespielt hat.
Die Rheinische Missionsgesellschaft (kurz "RMG) entstand bereits 1828 durch den Zusammenschluss mehrerer rheinischer Missionsvereine (Elberfeld, Barmen, Köln). Sie ist Geschichte, denn sie ging viel später in der VEM (Vereinte Evangelische Mission) auf.
Und damals (= 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts) gingen die Missionare nach ihrer Ausbildung in Deuschland ins damalige Südwestafrika, um die Frohe Botschaft zu verkünden. Dem Geist der Zeit (Pietismus, Leistungsgedanke etc. pp.) entsprechend lag neben dem "ora" = Gebet der Schwerpunkt auch auf "labora" = Arbeit.
Und so geschah es, dass Missionsfarmen angelegt wurden - wie eben Gaub. Der Grundgedanke war, dort die Einheimischen zum einen in sinnvollen Tätigkeiten zu unterweisen und so gewissermaßen nebenbei zur Sesshaftigkeit und christlichen Glauben hinzuführen.
Was ich klasse finde, ist die Experimentierfreudigkeit auf diesen Missionsfarmen. Konkret Gaub: Dort wuden z.B. zwischen 1905 und 1907 980 Bananenstauden gepflanzt, Dattelpalmen, Feigenbüsche, Tsamma-Melonen...
Im Buch wird der Sohn des Missionsinspektors Spiecker mit diesen Worten zitiert: "Die Eingeborenen sollten sehen was Fleiß und Ausdauer auf dem scheinbar ganz unfruchtbaren Boden Afrikas hervorzubringen vermögen".
Und das war offensichtlich erfolgreich, Gaub wurde zur Muster-Missionsfarm.
Das Buch schildert die Entwicklung vom Anfang bis zur Gegenwart insgesamt (inkl. Literaturverzeichnis, Karten etc.) rund 300 Seiten.
Den Autoren - neben dem erwähnten Hans Hilpisch ist es der kenntnisreiche Armin Jagdhuber - rechne ich hoch an, dass sie dazu tief in die Recherche eingestiegen sind. So wurde nicht nur - wie in manchen Fällen recht einfach - Sekundärliteratur ausgewertet. Nein, hier wurde in die Akten der Rheinischen Mission nachgeschaut und auch vor Ort recherchiert. So wurde z.B. im Gespräch mit den heutigen Eigentümern von Gaub wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, und aktuelle Fotos von Bauresten vor Ort (Beispiel "Mauer") runden das Buch ab.
Also rundum interessant? Es kommt darauf an. Die Recherche nach kleinsten Details und deren Aufbereitung hatte für mich bei der Lektüre streckenweise etwas Ermüdendes (was wiederum für manche positiv sein mag). So interessieren mich Details wie dieses: 1912 "gab Gaub eine Kippkarre ab, die gründlich repariert worden war" so wenig wie mein Glas Bier, wenn es leer ist.
Viel spannender finde ich z.B. die Geschichte der auf Gaub ansässigen "Gehülfenschule" (Augustineum). Dort leitete der von mir sehr geschätzte Missionar Vedder (der zudem ein Sprachgenie war) die Ausbildung einheimischer sogenannter "Evangelisten". Der Fokus auf Gleichheit aller Chrisen und Menschenwürde trug natürlich dazu bei, dass sich interessierte Kandidaten für das Augustineum fanden. Dessen Geschichte wird eher knapp auf 10 Seiten abgehandelt - mich persönlich hätte das mehr interessiert als z.B. Details zu einer damals angelegten Mauer ("sie war unten 1 m dick und oben 0,8 m.) Aber so unterscheiden sich eben die Interessen.
Gewünscht hätte ich mir eine etwas bessere Strukturierung des Buchs. So spring das Kapitel "Die Farm Gaub entsteht" bis in die 1970er Jahre, und später spring das Buch zurück in die "Jahre der Entwicklung 1905-1914". Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit werden auf wenigen Seiten abgehandelt.
Mein Fazit: Diese Neuerscheinung ist für an der Geschichte des heutigen Namibias Interessierte ein echter Leckerbissen. Auch für diejenigen, welche auf der heutigen Gästefarm Gaub Urlaub machen, kann ich die Lektüre nur empfehlen. Falls Sie nicht zu den genannten Zielgruppen gehören, rate ich zu einem "Blick ins Buch" vor einem möglichen Kauf.