Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein
Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein...und wie wir das ändern können: Antworten eines Verhaltensökonomen.
Das ist der Titel einer Neuerscheinung des Autors Armin Falk. Da dieser Verhaltensökonom und Rheinländer ist, habe ich sein neues Buch umgehend gelesen.
Dies auch deshalb, weil ich selbst im Studium einige Zeit die Ehre hatte, für den Nobelpreisträger Prof. Selten zu arbeiten. Dieser baute dort ein Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung auf, wo auch ich zwischenzeitlich arbeitete.
Fand ich prima: "Spiele" durchzuführen, um dadurch Rückschlüsse auf menschliches Verhalten auch in wirtschaftlichen Situationen ziehen zu können.
Ein Beispiel:
Beim sogenannten Diktatorspiel werden Gruppe mit je zwei Personen gebildet. Dann wird einer der beiden "Entscheider" und kann anbieten, wie ein bestimmter Geldbetrag (zum Beispiel 5 Euro) verteilt wird. Der/die andere kann akzeptieren, dann erhalten beide das, was der Entscheider vorschlug. Oder er/sie kann ablehnen, dann erhält keiner etwas.
Laut der Theorie des "homoe oeconomicus" müsste die andere Person schon Mini-Gebote wie 10 Cents annehmen, weil 10 Cents besser als nichts sind.
In der Praxis fanden wir aber, dass solche Mini-Gebote oft abgelehnt wurden. Mit der Begründung: Wenn der/die andere so unfair ist, dann soll keiner von uns überhaupt etwas bekommen.
Dies nur als einfaches Beispiel.
Armin Falk bringt in seinem Buch zig solche Beispiele, aus konkreten verhaltensökonomischen Experimenten.
Blick ins Inhaltsverzeichnis. Quelle: Verlag
Und letztlich beantwortet er die Frage, die der Buchtitel ist, schon im ersten Kapitel:
Es ist deshalb so schwer, ein guter Mensch zu sein, weil es gewisse Kosten mit sich bringt. Anstrengung, die sonst nicht anfallen würde. Sonst wäre es ja auch trivial, wenn "ein guter Mensch zu sein" keine Kosten, sondern nur Erträge mit sich bringen würde.
Da ich mich seit meinem Studium mit Literatur zu der Thematik beschäftige, hatte ich bei der Lektüre des Buchs schon nach kurzer Zeit das Gefühl: "Eh scho wissen!"
Denn in der Tat: Wer zum Beispiel Bücher von Daniel Kahnemann (hier meine Rezension seines neuesten Buches) gelesen hat, für den bringt Armin Falk wenig Neues.
Ich schaue gerne ins Quellenverzeichnis. Da fanden sich zig Quellenangaben, die sich auf z.B. ältere bereits durchgeführte Experimente beziehen. 2008, 2004, 2020, 2003...
Wenig überraschend betont der Autor, wie wichtig aus seiner Sicht seine eigenen Versuchsanordnungen sind. So behandelt er zum Beispiel in einem Kapitel die Auswirkungen von "Mentoring". Wenn in ein Kind "investiert" wird durch einen guten Mentor, dann soll das einen "Mehrwert von mindestens 3,84 Euro haben".
Ich persönlich finde das schwierig - so, als ob das weitere Verhalten eines Kindes mono-kausal verläuft. Denn wer weiß, was es da für zig-andere, nicht gemessene Einflüsse gab.
Dann fielen mir Inkonsistenzen des Autoren auf. So betont er an einer Stelle, wie wichtig es sei, gerade Andersdenkenden zuzuhören, weil dies gesellschaftlich vorteilhaft sei und Verständnis für Andersdenkende fördere. So weit, so gut. Wenig später regt er sich aber dann darüber auf, dass "Impfgegnern" in einigen Talkshows Raum gegeben wird. Soviel zum Thema Andersdenkenden zuhören...
Der Stil ist jedenfalls gut lesbar und es werden gewissermaßen im Plauderton durchaus interessante Forschungsergebnisse vermittelt. Einige Formulierungen mag ich nicht ("sich ehrlich machen"), aber das ist natürlich Geschmackssache.
Mir fiel auf, dass der Autor durchaus teure Experimente durchführen ließ, mit Ergebnissen, die wir damals schon ähnlich vorausgesehen hätten. Aber damals hatten wir nicht die Mittel - heute sieht es wohl anders aus. Der Autor wird unter anderem von der Deutsche Post Stiftung finanziert. Kein Wunder, dass er dafür eintritt, in der deutschen Forschung mehr durch die Industrie finanzieren zu lassen. Doch "wes Brot ich ess, des Lied ich sing?"
Im "Dank" bedankt sich der Autor bei seinen "tollen Doktoranden und Mitarbeitern", welche ihm beim Erstellen des Buches geholfen haben. Ich würde gerne wissen, wie groß deren Anteil am vorliegenden Buch war - und was sie dafür bekommen haben.
Sie merken schon: Der Autor schreibt zwar gut lesbar und für Neulinge der Materie finden sich hier äußerst interessante Informationen zum Thema Verhaltensökonomik. Ich fand das Thema Diffusion der Verantwortung äußerst aufschlussreich. Insgesamt ist das Buch allerdings eher alter Wein in neuen Schläuchen, finde ich.
Eine kostenlose Leseprobe des Buchs erhalten Sie bei Interesse unter diesem Link.
Armin Falk: Warum es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein
Ich persönlich lese zu diesem Themenkomplex zukünftig lieber wieder Bücher von Daniel Kahnemann oder Nassim Taleb.
Mit freundlichem Gruß!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.