92% Dividendenrendite?!
Großes Kino eben bei einer Hauptversammlung, ich vor Ort:
Es sollte eigentlich keine Dividende ausgeschüttet werden...Großanleger kommt ca. zwei Minuten rein, stellt Gegenantrag, er will eine Ausschüttung der liquiden Mittel (ca. 92% des Aktienkurses vor der Hauptversammlung), geht direkt wieder.
Und 100% stimmen zu, keine einzige Gegenstimme!
Die Ausschüttung soll am 16. April erfolgen. Insofern ist dies bereits meine Wochenempfehlung. (Ich war selber baff eben, bin selbst investiert.) Die Aktie ist leider sehr markteng, aber wer weiß, vielleicht bekommen Sie ja noch ein paar Stück.
Alle Details zu der Aktie finden Sie im Rahmen meines vollständigen Hauptversammlungs-Berichts, für Premium-Leser(innen) siehe hier:
Ich war bis eben bei der ordentlichen Hauptversammlung (HV) KHD VV AG (ISIN: DE000A1X3WW8) in Köln – und diesmal war es wirklich interessant. Doch der Reihe nach. Veranstaltungsort war der Firmensitz des Mutterkonzerns KHD in Köln:
Hier mein Bericht für Sie:
Vorab zum Geschäftsbereich der KHD Vermögensverwaltungs-AG (kurz „KHD VV“). Das Unternehmen war früher einmal im Bereich der Servicedienstleistungen in der Zement-Industrie tätig. Die Mutter ist der ebenfalls börsennotierte KHD-Konzern.
Doch inzwischen hat die KHD VV das operative Geschäft vollständig aufgegeben und verwaltet nur noch ihr Vermögen. Wer würde das nicht auch gerne tun?
Der Blick in den Geschäftsbericht zeigt eine recht übersichtliche Bilanz:
Die Aktiva betrugen per 31.12.2018 in der Summe 15,03 Mio. Euro. Der Großteil davon (ca. 9,8 Mio. Euro) wurde als liquide Mittel gehalten. Ein bedeutender Teil (5,0 Mio. Euro) war eine Forderung. Konkret geht es hier um ein Darlehen an den Mutterkonzern KHD. Dann gibt es noch ein paar Wertpapiere im Bestand (knapp 188.000 Euro). Das war es im Grunde.
Die Passivseite zeigt, dass die Aktiva durch nahezu 99% durch Eigenkapital gedeckt sind. Keinerlei Finanzschulden, nur ein paar Rückstellungen für Pensionen. Also rund 99% Eigenkapital-Quote – das sieht man selten, gefällt mir.
Im Geschäftsjahr 2018 erzielte das Unternehmen einen Jahresüberschuss in Höhe von rund 135.000 Euro. Dies kam durch Zinseinnahmen durch das gegebene Darlehen zustande. Da es einen Gewinnvortrag von 10,79 Mio. Euro gibt, beträgt der Bilanzgewinn rund 10,9 Mio. Euro.
Und noch eine Anmerkung vorab: Es gibt insgesamt 424.000 Aktien der KHD VV.
Als Buchwert pro Aktie habe ich 35,10 Euro errechnet – was deutlich über dem Börsenkurs von 25/26 Euro unmittelbar vor der Hauptversammlung lag.
Von den 424.000 Aktien hält die Mutter KHD direkt und indirekt 91,26%. Der Streubesitz-Anteil ist insofern mit 8,74% relativ gering. Ich weise darauf hin, dass ich selber investiert bin. In der HV wurde vom Vorstand klargestellt, dass sich die Beteiligung der Mutter im Geschäftsjahr 2018 nicht geändert hat.
Nun zur eigentlichen Hauptversammlung:
Veranstaltungsbeginn war um ca. 10:00 Uhr. Anwesend waren zunächst etwa 10 Aktionäre, später kamen einige hinzu, so dass es gegen Ende der Veranstaltung ca. 15 Aktionärinnen und Aktionäre waren. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats Jürgen Luckas handelte dieser die Formalia ab. So gab es unter anderem den Bericht des Aufsichtsrats – der sich den Angaben zufolge im vorigen Geschäftsjahr fünf Mal getroffen hat.
Das klang nach „Standard“ – doch als ich gedanklich etwas wegdämmern wollte, wurde es dann schlagartig doch spannend. Der Aufsichtsratsvorsitzende verwies auf einen Gegenantrag der SdK („Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.“) zum Tagesordnungspunkt 2.
Um das einzuordnen: Der Tagesordnungspunkt 2 sah vor, keine Dividende auszuschütten und den Bilanzgewinn komplett vorzutragen.
Die SdK stellte den Gegenantrag, 0,34 Euro je Aktie auszuschütten.
Doch dann kam die Überraschung. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats teilte mit, dass der Großaktionär Blake International Ltd. (gehört zu 100% HW = Humbold Wedag GmbH, die wiederum zu 100% der börsennotierten Mutter KHD gehören) auch einen Gegenantrag stellen möchte (nicht vorab veröffentlicht). Dieser werde nun gestellt.
Die Spannung war zumindest bei mir groß, als ein Herr Ringberg als Vertreter der Blake International aufstand und den Gegenantrag formulierte. Demnach sollen die liquiden Mittel des Unternehmens größtenteils ausgeschüttet werden. Das wären dann 23 Euro je Aktie! Dies war sein Dividendenvorschlag. Er sprach – und ging dann auch wieder.
Wie gesagt: Der Kurs der Aktie stand vor der Hauptversammlung bei 25/26 Euro. Und nun der Vorschlag, 23 Euro pro Aktie als Dividende auszuschütten. Da war man (= ihr Autor) baff. Auch von der Vorgehensweise – kurz Gegenantrag stellen und dann umgehend den Abgang machen.
Es blieb Zeit, die Gedanken zu sammeln, denn es ging eher konventionell weiter. Denn es übernahmen die beiden Vorstandsmitglieder Andreas Müller und Gero Heiles und gaben einen Überblick über das Geschäftsjahr 2018.
Da die KHD VV kein operatives Geschäft mehr betreibt, waren die Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung relativ schnell erklärt. Die liquiden Mittel von rund 9,8 Mio. Euro per 31.12.2018 lagen zinslos herum, das ganze Jahr über. Das Darlehen an die Mutter in Höhe von 5 Mio. Euro brachte Zinseinnahmen. Hier aus Aktionärssicht erfreulich: Der hohe Zinssatz von 6%. Man habe das ganze Geschäftsjahr über nach guten Anlagemöglichkeiten für die liquiden Mittel gesucht, doch da „Kapitalerhalt/Sicherheit höchste Priorität haben soll, wurden keine gefunden, was auch der Niedrigzinspolitik der EZB zu verdanken sei.
Die Generaldebatte
Es folgte das, was ich bei einer HV normalerweise am interessantesten finde: Die Generaldebatte! Die Aktionärinnen/Aktionäre stellen Fragen - Vorstand und/oder Aufsichtsrat antworten. Gelebte Aktionärs-Demokratie sozusagen.
Und es gab insgesamt vier Aktionäre, die sich zu Wort meldeten. In der Praxis lief es so ab, dass erst mehrere Aktionäre Fragen stellten und dann der Vorstand die Fragen im Block beantwortete.
Los ging es mit dem Aktionär Knipping, der eine ganze Reihe von Fragen/Anmerkungen hatte.
Er fragte, was in den fünf Aufsichtsratssitzungen eigentlich besprochen wurde. Im Wesentlichen bestehen die Aktiva des Unternehmens doch nur aus einem „Darlehen und einem Bankkonto“. Da seien doch auch ca. 20.000 Euro Ausgaben für den Wirtschaftsprüfer zu hoch, so Herr Knipping. Was für Wertpapiere hält die KHD VV? War der Vorstand vom Gegenantrag der Großaktionärin überrascht? Und was verbirgt sich hinter den rund 129.000 Euro an sonstigen betrieblichen Aufwendungen?
Herrn Scholl von der SdK (= „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.“) teilte mit, dass er ca. 3.200 Aktien vertritt. Der Gegenantrag der SdK habe sich nach dem Gegenantrag von Blake ja wohl erledigt. Er stellte einige Fragen, die sich sinngemäß mit denen des Vorredners deckten (wann wusste der Vorstand davon…). Wie sei die steuerliche Situation für die Aktionäre bei einer so hohen Ausschüttung? Werde Kapitalertragssteuer fällig? Und was für eine Strategie ist danach eigentlich geplant? Wird über einen Wechsel des Börsensegments oder sogar ein Delisting nachgedacht?
Der dritte Aktionär, der das Wort ergriff, war Herr Surges. Auch er thematisierte die Kosten. Gerade dann, wenn ein Großteil der Liquidität ausgeschüttet werde, sollten die Kosten möglichst gering sein, damit eine akzeptable Eigenkapitalrendite erzielt werden kann. Er regte an, auch eine Liquidation oder einen Wechsel in die Rechtsform einer GmbH zu prüfen.
Schließlich meldete sich noch Aktionär Zuern zu Wort. Dieser merkte an, dass seinem Kenntnisstand zufolge im Jahr 2017 das Gebäude, in dem die Veranstaltung stattfindet (KHD Firmensitz) zum Verkauf stand. Wieso habe die KHD VV nicht gekauft, anstatt die liquiden Mittel nur zinslos liegen zu lassen? Seien sonst Immobilien-Investments geprüft worden?
Die Antworten des Vorstands:
Hier war es im Wesentlichen Herr Heiles, der die Fragen der Aktionäre durchaus ausführlich und mit einem feinen Sinn für Humor beantwortete (als es beispielsweise um den Vorwurf von „Textbausteinen“ im Geschäftsbericht ging). Der Vorstand sei von der Absicht des Großaktionärs, einen entsprechenden Gegenantrag zu stellen, Anfang April 2019 informiert worden. Insofern war es auch für den Vorstand eine relativ überraschende Entwicklung. Die Kosten wurden aufgeschlüsselt. Neben den Kosten für den Wirtschaftsprüfer im Bereich von 20.000 Euro gebe es auch ca. 18.000 Euro Kosten für die Börsennotierung und auch die HV koste ähnlich viel. Und dann gibt es einen Dienstleistungsvertrag mit der KHD. Denn die beiden Vorstände arbeiten hauptberuflich für den Mutterkonzern. (Sie sind sozusagen im Nebenberuf Vorstände bei der KHD VV, füge ich gedanklich hinzu.)
Die Wertpapiere im Eigenbestand seien Aktien der Raiffeisenbank International, welche die KHD VV seit Jahren hält, was gewissermaßen historische Gründe hat.
Das Darlehen an die Mutter sei besichert durch eine Forderungsabtretung von deren Forderung an die AVIC (die wiederum Großaktionär bei der Mutter ist). Die Zinsen seien so hoch, weil man da auch gut verhandelt habe. Im Übrigen sei das Darlehen von beiden Seiten mit einer Frist von 30 Tagen kündbar.
Was die steuerliche Situation der Ausschüttung betrifft: Da stellte Herr Heiles klar, dass diese aus den steuerlichen Einlagenkonten der Gesellschaft erfolgen würde und damit keine Abgeltungssteuer anfallen wird. Der Beifall der Aktionäre war die Reaktion auf diese Aussage.
Ein Delisting, eine Liquidation oder eine Umwandlung in eine GmbH seien derzeit kein Thema für den Vorstand. Man sei der Ansicht, der Mantel habe Wert, auch wenn man ihn nicht aktiv vermarktet.
Was die Pensionsverpflichtungen betreffe, da seien insgesamt 4 Personen betroffen, die zuvor im operativen Geschäft tätig waren. 2 dieser Personen seien inzwischen in Rente, was an Summe ca. 60.000 Euro pro Jahr kosten würde.
Die Abstimmungen
Angesichts der Beteiligungsverhältnisse waren die Abstimmungen eher Formsache. Die Präsenzquote wurde mit 93,36% angegeben. Alle Tagesordnungspunkte wurden mit großen Mehrheiten angenommen. Beim Punkt „Entlastung des Aufsichtsrates“ war die Zahl der JA-Stimmen mit 87,44% noch am niedrigsten.
Am höchsten war sie bei der Abstimmung über den Gegenantrag des Großaktionärs: Ausschüttung von 23 Euro je Aktie! Da gab es 100% JA-Stimmen und insofern keine einzige Gegenstimme. Ein Aktionär fragte noch, wann das Geld eintreffen soll, damit die „Party“ entsprechend geplant werden kann. Vorstand Heiles nannte als Termin den 16. April.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats beendete die Veranstaltung um ca. 12:23 Uhr.
Noch ein paar Anmerkungen zur kulinarischen Seite:
Es gab wie im Vorjahr Schnittchen (Lachs, Käse, Frischkäse, Salami…), Kaffee, Wasser und Apfelschorle. Die genannte Kosten von 18.000 Euro für die Hauptversammlung erschienen mir insofern ein wenig hoch, als – ähnlich wie im Vorjahr – maximal 15 Aktionäre anwesend waren.
Mein Fazit:
Die 23 Euro Ausschüttung pro Aktie sind natürlich eine Aussage! Wie es danach mit der KHD VV weitergehen wird, wird sich zeigen. Mein Eindruck war, dass der Vorstand selbst relativ überrascht war vom Gegenantrag des Großaktionärs. Was großes Kino war - der Auftritt des Großaktionärs. Kurz reinkommen, cool Ausschüttung von 23 Euro pro Aktie fordern, und Abgang.
KHD VV AG, ISIN: DE000A1X3WW8, WKN: A1X3WW
Nachtrag 15.4.2019: Nach dem nunmehr erfolgten Dividendenabschlag ist die Aktie KEINE Empfehlung mehr. Wer die Dividende von 23 Euro pro Aktie erhält, kann sich freuen. Für einen Neukauf sehe ich die Aktie nicht als lohnenswert an (es geht hier um kaum mehr als einen Mantel und ein vergebenes Darlehen).
Mit herzlichem Gruß!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt
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