
Für immer leben?
Der Titel dieses Beitrags "Für immer leben?" mag wie "clickbaiting" aussehen, und ist es auch auf gewisse Weise. Es ist aber in erster Linie die Übersetzung des englischen Titels einer Buch-Neuerscheinung, die ich gerade gelesen habe. Konkret:
Es geht um die Neuerscheinung "Live Forever?" des britischen Biomediziners Prof. John Tregoning. Sein Buch erschien im Original Anfang dieses Jahres und ist nun bei riva auch auf Deutsch verfügbar. Ich habe die deutschsprachige Version gelesen.
Und zwar habe ich das Buch - thematisch passend - im Krankenhaus gelesen, um mich in Bezug auf die Themen Medizin und eigener Körper weiterzubilden. In meiner Interpretation: Eine Krankheit ist Gottes Weg, uns etwas medizinisches Wissen beizubringen.
Der Autor hat einen interessanten Ansatz, wie ich finde. Und zwar geht er nicht - wie viele andere - den Weg, eine Liste mit Dingen zu empfehlen, die unseren Körper unterstützen.
Stattdessen geht er einen konträr anderen Weg und geht von den Krankheiten und Alterungsprozessen aus, die uns wahrscheinlich umbringen werden.
Das macht das Buch auf gewisse Weise etwas morbid.
Denn jedes der Hauptkapitel stellt im Grunde eine Todesart vor.
Der Autor Prof. Tregoning geht aber weiter und führt aus, wie diese Schlussfolgerungen - das sind die wahrscheinlichen Todesarten - insofern auch zu gewissen Vermeidungsstrategien führen können.
Und es gibt auch etwas Hoffnung, denn auch wenn nahe Verwandte z.B. Krebs hatten, heißt das nicht, dass auch die Nachkommen Krebs bekommen müssen.
Dazu ein Zitat aus dem Buch:
Die Gene laden die Waffe, doch die Umwelt drückt ab (Stern).
Die Gene prädisponieren durchaus für Krankheiten, doch wichtiger ist, wie wir mit unserem Körper umgehen / in welchen Lebensbedingungen wir leben.
Die Gene sind somit nur ein Teil des Gesamtbildes, hier ist nichts vorherbestimmt, und wie beim Jüngsten Gericht kommt es auf den Einzelfall an. Bei z.B. größeren Menschengruppen geht es durchaus um Wahrscheinlichkeiten, die auf Ebene einzelner Menschen aber keineswegs deterministisch sind.
An einer Stelle verweist der Autor auf gesunde Bereiche, die auf dem statistischen Wert der Standardabweichung basieren. Das werde er aber nicht erklären,
"da ich nicht wirklich weiß, wie das funktioniert".
Er klicke in seiner Software einfach auf die Funktion "Standardabweichung anwenden".
Die Stelle ist mit einem Sternchen markiert, und unter dem Text findet sich auf dieser Seite in kleinerer Schrift der Hinweis:
Natürlich weiß ich, wie das funktioniert, ich wollte nur cool sein und so tun, als hätte ich keine Ahnung von Mathe.
Es folgt eine Erklärung des Prinzips der Standardabweichung. Das ist eine Art "Billigwitz", für die ich grundsätzlich durchaus zu haben bin. Doch es ist nicht gerade leserfreundlich, die Standardabweichung dann in kleinerem Text in der Fußnote zu erklären, finde ich.
Gut lesbar macht das Buch die popolärwissenschaftliche Art des Autors. Vorurteil: Ein deutscher Medizinprofessor hätte eher weniger solche Billigwitze eingebaut. Der britische Autor Prof. Tregoning hat damit kein Problem. Für deutsche Leser/innen ist es manchmal sogar etwas zu viel des Guten, wenn "Insider"-Witze z.B. über britische Prominente oder dortige Sportler eingebaut werden, die zumindest mir unbekannt sind.
Letztlich geht es darum, Wissen zu vermitteln zum eigenen Körper und zu Dingen wie dem Immunsystem und auch dazu, was letztlich unausweichlich ist: Der Tod unserer sterblichen Hülle. Angesichts von erwähnten gut 17.000 bekannten Krankheiten ist es ja schon beeindruckend, wie unser Körper sich da behauptet.
Der eigene Tod kann hinausgezögert werden (und dazu gibt es einige Tipps im Buch), aber - natürlich - nicht völlig abgewendet werden. Zumindest nicht auf dieser Welt, mit dem bestehenden Körper. Falls doch, gerne Email an mich (redaktion@ethische-rendite.de)
Mein Fazit:
Für medizinische Laien, die wich ich ein Interesse an gut lesbaren Informationen zum Thema Gesundheit haben, klare Leseempfehlung meinerseits (bis auf das Genetik-Thema, zu kompliziert für mich) für
Angenehme Lektüre!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.