
Reich werden mit Familien Unternehmen?
Vor zig Jahren hatte ich einmal mit Beate Sander zusammengearbeitet. Diese Zusammenarbeit habe ich als sehr angenehm in Erinnerung - und ich erinnere mich, dass Frau Sander äußerst fleißig war im Hinblick auf Publikationen. Bei mehreren Börsen-Büchern ist sie Autorin oder Koautorin, und gewissermaßen nebenbei vermittelt sie an der Volkshochschule grundlegendes Börsenwissen.
Nun habe ich endlich auch einmal ein Buch von ihr gelesen - und zwar die Neuerscheinung Reich werden mit Familien Unternehmen
Frau Sander ist langfristige Investorin. Und der Blick auf die Liste ihrer Investments auf S. 78 hat mich in der Tat beeindruckt. Ich finde es sehr anerkennenswert, dass Sie z.B. auf S. 78 ihres Buches eine Liste mit 2 Dutzend Aktienpositionen aus ihrem Depot veröffentlicht, inkl. Kaufdatum und Kaufkurs. Dies zeigt, dass sie eine ganze Reihe von Positionen mit über 1.000% Buchgewinn im Depot hat (sogenannte "Tenbagger"). Und ja, das geht mit deutschen Nebenwerten!
Beispiel Nemetschek, die sie im Juni 2005 zu 3,85 Euro gekauft hat (aktuelle Notierung um 125 Euro). Oder Rational, gekauft zu 33,80 Euro im Mai 2003 - derzeit um die 646 Euro.
Sehr anschaulich auch ihre Erläuterung der persönlichen Dividendenrendite. Dabei setzt sie die jüngste Dividenden-Ausschüttung nicht in Relation zum aktuellen Kurs, sondern zu ihrem persönlichen Kaufkurs. So kommt sie auf eine persönliche Dividendenrendite z.B. bei Nemetschek im Bereich von 21%. Kein Wunder, dass sie da nicht verkaufen möchte.
Sie plädiert aber für Teil-Gewinnmitnahmen: Wenn eine Position mehrere Hundert Prozent im Plus liegt, verkauft sie durchaus mal einen Teil. Und zwar so viel, dass dann der Einsatz und etwas mehr "wieder drin" ist. So kann sie mit einer solchen Position insgesamt nie mehr ins Minus rutschen.
Frau Sander berichtet auch davon, dass sie einige Schicksalsschläge wie eine Krebserkrankung hinnehmen musste und wie sie dann ausgewählt hat, welche Aktien sie für ihren Kapitalbedarf verkauft hat. Denn größere Cash-Bestände hat sie offensichtlich nicht - die Aktien sind ihr "Spar-Schwein". Auch interessant finde ich den Punkt, dass Sie Kindern gerne eine Aktie schenkt (per Depotübertrag) - das aber verknüpft mit einer selbst gemalten Aktie inklusive Produkt des Unternehmens und die jährliche Dividende dem Kind in "Cash" gibt, damit dieses ein Gefühl dafür bekommt, an einem Unternehmen und dessen Gewinnen beteiligt zu sein.
Die genannten Punkte fand ich interessant, einige der erwähnten Aktien habe ich mir notiert und möchte sie mir später genauer anschauen. Mit dem Buch insgesamt bin ich aber nicht besonders zufrieden. Zum einen in Bezug auf den Punkt, dass auch Unternehmen wie VW, Facebook oder Amazon dort als "Familienunternehmen" aufgeführt werden. Gut, die Autorin verweist darauf, dass es da gewisse Spielräume gibt bei der Festlegung als "Familienunternehmen", aber die genannten Aktien finde ich unter dem Aspekt "Familienunternehmen" wenig interessant.
Zum Aufbau des Buches. In der Einleitung heißt es ausdrücklich, dass das Buch auch zum Querlesen geeignet sein soll. Es handelt sich demnach eher um einen Überblick. Frau Sander präsentiert diverse Listen und Performance-Rankings. Schön und gut - doch für meinen Geschmack ist es zu viel des Guten. "Die besten Aktien von Familienfirmen aus meinem Depot" habe ich mir natürlich mit Interesse angeschaut. Doch dann gibt es Dutzende weitere Auflistungen, von "Deutschen Familienunternehmen aus den Bereichen Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik" über "Fünf der zehn wertvollsten Unternehmen weltweit sind familiengeführt", "10 Dividendenstars aus dem Nikkei 225", "Familienfirmen aus deutschen Indices, deren Produkte Kinder und Jugendliche kennen", "MDAX auf dem Weg nach oben im Duell mit dem DAX". Bei den enthaltenen Aktien wird das Geschäftsfeld meist mit 2-3 Zeilen erklärt. Hierbei kommt es zu diversen Doppelungen, da diverse Aktien ja in mehreren Listen enthalten sind. Das finde ich nicht besonders glücklich.
Mir persönlich wäre hier "weniger" (an Listen) lieber gewesen. Stattdessen lieber mehr Fließtext zum Thema, wie Frau Sander denn letztlich ihre Aktien auswählt. Gewiss, sie gibt Listen mit ihren Favoriten. Doch statt blind zu folgen würde ich lieber verstehen und dann ggf. anwenden, was ich für mich sinnvoll finde. Auch hätte ich mir kurze Porträts interessanter Familienunternehmen erhofft (und nicht nur die Mini-Beschreibung des Geschäftsfelds in den Listen).
Insgesamt also von mir ein durchwachsenes Fazit meinerseits für:
Reich werden mit Familien Unternehmen
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Wochenstart!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt