Rezension: Afrika First!

Rezension: Afrika First!

Im Laufe der Jahre, ach was - Jahrzehnte, habe ich an den Börsen grundsätzlich die Erfahrung gemacht:

Unternehmen mit Familien im Hintergrund (Gründer/Großaktionär...) gefallen mir.

Und zwar besser als börsennotierte Gesellschaften, bei denen (angelsächsische) Finanzinvestoren das Sagen haben. Denn während Letztere - naturgemäß und durchaus legitim - auf einen schnellen gewinnbringenden "Exit" aus sind...

...sind Familiengesellschafter tendenziell mehr am langfristigen Gedeihen des jeweiligen Unternehmens interessiert. Außerdem achten Sie tendenziell mehr auf faire Arbeitsverhältnisse und schönen Umgang mit Ressourcen = Mutter Erde....so zumindest mein unmaßgeblicker Eindruck.

Das Thema "Familienunternehmen" habe ich bereits einige Male hier bei "Ethische Rendite" thematisiert:

Rezension: Die ältesten Familienunternehmen Deutschlands

Reich werden mit Familien Unternehmen?

Familienunternehmen – eine schöne Aktion?

Sie können sich denken, dass ich das alles nicht erwähnen würde, wenn es keinen konkreten Aufhänger gibt.

Und erfreulicherweise für den Aufbau dieses Beitrags gibt es einen solchen konkreten Aufhänger.

Denn neulich habe ich das Buch eines Unternehmers par excellence gelesen. Sein Name: Martin Schoeller.

Die Familie hat laut eigener Darstellung "seit 500 Jahren im deutschsprachigen Raum durch Höhen und Tiefen der Geschichte immer wieder industrielle Pionierleistungen vollbracht."

Ich zitiere aus der Beschreibung der Familien- und Firmengeschichte:

Ob in der Eisenerzeugung und -verarbeitung, der Textil- und Papierherstellung, der Zucker-, Mühlen- und Brauerei-Industrie, als Bankiers, in der Logistik, im Recycling oder in neuen Bereichen – überall waren und sind Unternehmen und Unternehmer der verschiedenen Familienzweige aktiv und in fast jeder Generation werden neue Firmen gegründet.

Klingt für mich erstmal sympathisch. Ich weise darauf hin, dass ich Herrn Schoeller keineswegs persönlich kenne und unbefangen an die Lektüre seines neuen Buchs herangegangen bin.

Wieso ich das Buch überhaupt gelesen habe? Der Titel: "Afrika First!" und der Untertitel "Die Agenda für unsere gemeinsame Zukunft" hatten mich neugierig gemacht. Denn Afrika liegt mir sehr am Herzen.

Hier der Blick ins Inhaltsverzeichnis des Buches, das Martin Schoeller zusammen mit Daniel Schönwitz geschrieben hat:

Blick ins Inhaltsverzeichnis. Quelle: Verlagsangaben

Der Aufbau des Buches ist konsequent:

Zunächst gibt es eine Bestandsaufnahme (im Buch " Teil I - die Fakten").

Die Bewertung dieser Fakten aus Autorensicht erfolgt dann im "Teil 2 - die Thesen".

Und daraus abgeleitet präsentieren die Autoren dann "Teil 3 - die Agenda", welche im Wesentlichen aus drei Punkten besteht:

  1. Hebel 1: Infrastrukturfinanzierung
  2. Hebel 2: Entwicklungshilfe
  3. Hebel 3: Handel

Da Martin Schoeller selbst unternehmerisch tätig ist in Afrika (und zudem Honorarkonsul des afrikanischen Staats Togo ist), habe ich das Buch mit Interesse gelesen. Ein "Macher", kein Sonntagsredner.

Den "Fakten" und "Thesen", die im Buch erläutert werden, kann ich großteils zustimmen. Und letztlich auch den drei genannten "Hebeln", auch wenn ich einige Punkte anders sehe.

Denn die Idee, den Infrastruktur-Aufbau Afrikas durch von der EU garantierte Anleihen zu finanzieren, sehe ich keineswegs so euphorisch wie die beiden Autoren. Sie schreiben zum Beispiel, dass es da wohl kaum Zahlungsausfälle geben werde und wenn könnte das schuldenfinanziert werden, würde keine Steuererhöhung notwendig machen.

Ich denke, da sollte die EU aber auch die Erfahrungen Chinas berücksichtigen. Die Chinesen finanzieren bekanntlich ja auch massiv Infrastrukturprojekte in Afrika und Asien. Und da sind einige Kredite durchaus nicht bedient worden, Stichwort Ceylon oder Sambia.

Und dann? Tritt der europäische Steuerzahler ein? "Keine Steuererhöhung nötig" - vielleicht, dafür aber dann Schuldenmachen hierzulande für den Ausfall von "Infrastruktur-Anleihen" Afrikas? Ist diskussionswürdig, aber so euphorisch würde ich es nicht sehen. Doch das ist natürlich nur meine unmaßgebliche Ansicht.

Ich beschäftige mich seit Jahren (Jahrzehnten?) mit dem Thema Entwicklung Afrikas, bin ja selbst auch in sehr bescheidenem Maße mit unserer "Ethischen Rendite" aktiv. Mehr dazu in der "Rubrik Ehrenamt".

Das führte aber eben auch dazu, dass ich nach der Lektüre des Buches ein "ja, passt schon"-Gefühl hatte - aber keinen intellektuellen Lesegenuss oder Erkenntnisgewinn. So habe ich schlicht und einfach schon zig Mal den Verweis auf das M-Pesa Zahlungssystem in Kenia gelesen, als dass mich dessen Erwähung in diesem Buch erstaunt hätte.

Wer sich mit der Thematik Afrika und dessen Entwicklung - auch und gerade im Hinblick auf Europa - aber noch nicht besonders stark beschäftigt hat, für den/die kann ich dieses Buch durchaus empfehlen:

Martin Schoeller / Daniel Schönwitz: Afrika First! Die Agenda für unsere gemeinsame Zukunft

Eine kostenlose Leseprobe finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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