Rezension: Die ältesten Familienunternehmen Deutschlands
Was für eine schöne Neuerscheinung! Ich habe durchaus schon länger gerne über den Tellerrand der eigenen Nische hinausgeschaut. Deshalb habe ich auch z.B. nicht nur Volkswirtschaft studiert, sondern auch noch Neuere und Neueste Geschichte.
Und diese beiden Themen "Wirtschaft" und "Geschichte" vereint dieses neue Buch - und das dann auch noch gut lesbar geschrieben:
Wolfgang Seidel: Die ältesten Familienunternehmen Deutschlands
Der Autor kommt nach einem kurzen Vorwort erfreulicherweise schnell zur Sache. In recht kurzen, gut lesbaren Kapiteln nimmt er jeweils ein altes deutsches Familienunternehmen genauer unter die Lupe. Natürlich sind das keine umfangreicheren Unternehmensanalysen, was angesichts des begrenzten Buchumfangs auch gar nicht möglich ist. Stattdessen geht es hier darum, einen Überblick über die Geschichte des jeweiligen Unternehmens zu geben. "Da schau mal einer an", wäre aus meiner Sicht ein passender Kommentar bei der Lektüre.
Ich persönlich halte grundsätzlich große Stücke auf den deutschen Mittelstand und insbesondere auf Familienunternehmen. Gewiss, Verallgemeinerungen sind nicht immer passend - doch meinem Eindruck zufolge strahlt da etwas von strategischer Langfristplanung und auch Fürsorge für die eigenen Mitarbeiter/innen gewissermaßen durch die Jahrhunderte, das sich so wohltuend von dem unterscheidet, was ich "Quartalszahlendenke" nenne.
Der erste Teil der Inhaltsangabe. Quelle: Verlagsangaben
Am Rande klingt hier auch die deutsche Wirtschaftsgeschichte durch - umso mehr Respekt habe ich vor denjenigen Unternehmern, die es durch Umbrüche wie Weltkriege oder Hyperinflation hinweg schafften, ihre Unternehmen durch die Krisen zu führen (ohne sich aktiv an Unrecht zu beteiligen, soweit das möglich war). Traurig finde ich zudem, dass manche Familienunternehmen in Mitteldeutschland aufgrund der politischen Verhältnisse nach 1945 kaum eine Chance hatten.
Dem Autoren Wolfgang Seidel möchte ich ein Lob für seinen schnörkellosen, geradlinigen Stil geben. Hier werden nicht trocken nur Fakten aufgezählt, sondern diese in einen gut lesbaren Zusammenhang gebracht. Gewiss, manche Kapitel interessieren mich mehr (z.B. "Mast-Jägermeister SE") als andere. Und gelegentlich geht es mir ein wenig zu tief in die Familiengeschichte.
Ein Beispiel: Ob sich im Jahr 1399 (!) ein Sohn "Dieter" als "Kämmerer von Worms gen. v. Dalberg" bezeichnete oder nicht, darüber habe ich mir vorher nie Gedanken gemacht und gedenke es auch zukünftig nicht zu tun. Hier geht es mir eher um stringente Linien und grundsätzliche Entwicklungen in Familie und Unternehmen.
Insgesamt finde ich:
Eine gut lesbare, für geschichtlich und wirtschaftlich Interessierte sehr empfehlenswerte Neuerscheinung: Die ältesten Familienunternehmen Deutschlands
Bei Interesse finden Sie unter diesem Link eine kostenlose Leseprobe.
Schönen Feierabend!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt