Rezension: Ein gewisser Monsieur Piekielny
Eine aktuelle Neuerscheinung hatte mein Interesse geweckt: Der Roman Ein gewisser Monsieur Piekielny von Francois-Henri Désérable. Der Titel des Romans verweist auf einen anderen Roman – „Frühes Versprechen“ von Romain Gary.
Und damit ist gewissermaßen das Leitbild dieses Romans skizziert:
- Es geht zum einen darum, den interessanten Autoren Romain Gary (1914 in Vilnius geboren, 1980 in Paris gestorben) zu skizzieren.
- Dann geht es darum, besagten Monsieur Piekielny zu – ja, was eigentlich? - Ich würde sagen, zu suchen. Denn der Autor beginnt mit der Schilderung, wie er zufällig in Vilnius/Litauen vor dem Geburtshaus von Romain Gary steht. Da interessierte es ihn, ob der von diesem erwähnte „Monsieur Piekielny“ wirklich existierte.
Ich sage es direkt: Ich habe von Romain Gary noch nie etwas gelesen und deshalb sagt mir auch der Verweis auf den besagten Monsieur Piekielny nichts. Doch das „Setting“ interessierte mich.
Zum Einen der zeithistorische Hintergrund…das Vilnius der 1920er Jahre mit seiner Bevölkerung aus Litauern, Juden, Russen und auch Deutschen. Ich bringe Litauen große Sympathie entgegen, seit ich einst als Schüler mit öffentlichen Verkehrsmitteln beschloss, dieses Land zu bereisen. Es hatte mich beeindruckt, dass Litauen damals mit friedlichen Mitteln seine Unabhängigkeit wiedergewinnen wollte. Vorsitzender der damaligen Unabhängigkeitsbewegung war ein Musikwissenschaftler (seinen wohlklingenden Namen - Vytautas Landsbergis – habe ich mir bis heute gemerkt).
Dann also mal schauen, was der Autor des Romans aus diesem Setting macht, dachte ich mir. Auch die Biographie von Romain Gary klingt interessant. Schriftsteller, Soldat im Zweiten Weltkrieg, Regisseur, Übersetzer und Diplomat…
Doch konkret zum Buch Ein gewisser Monsieur Piekielny. Der rote Faden ist gewissermaßen die Suche des Autoren nach besagtem Monsieur Piekielny. So erfahren wir z.B., wie der Autor ohne Litauisch- oder Polnisch- oder Russisch-Kenntnisse in einem litauischen Archiv nach Einträgen zu den Einwohnern sucht etc. pp. Am Ende kommt er von „Google“ zu „Gogol“ und findet so eine Art Lösung. Doch mehr sei hier nicht verraten.
Der Roman hat damit drei Handlungsebenen: Zum einen gewissermaßen als Meta-Ebene die des Autoren Francois-Henri Désérable, der schildert, wie er sich auf die Suche nach dem Monsieur Piekielny macht. Dabei wirkt der Autor durchaus etwas selbst verliebt, was ihn mir z.B. beim Verweis auf seine beruflichen Erfolge nicht gerade sympathisch macht. Andererseits gibt er sich manchmal auch selbstironisch, was mir gefällt. Geschmackssache.
Dann die Ebene des Monsieur Piekielny selbst. Mangels Fakten phantasiert der Autor da, wie dieser wohl im „Stetl“ von Vilnius gelebt haben mag. Dieser Teil überzeugt mich nicht, da doch arg klischeebeladen.
Interessanter finde ich da die Ebene des Romain Gary, wo der Autor historische Erlebnisse desselben (wie seinen Kontakt zu de Gaulle) interessant schildert und dabei deutlich macht, was für ein Lebenskünstler Romain Gary zwischenzeitlich war.
Die Sprache ist eigentlich anschaulich und erfrischend. Eigentlich. Doch eine Sache hat mir die Freude an der Lektüre gewaltig vermiest: Die Tatsache, dass der Autor offensichtlich Freude an äußerst langen Sätzen hat. Diese sind zwar „an sich“ nicht kompliziert. Doch da es zu zahlreichen Einschüben innerhalb eines einzigen Satzes kommt, ergeben sich regelrechte Bandwurmsätze. Auf Seite 114 zum Beispiel finden sich auf 31 Zeilen sage und schreibe 2 Sätze (und der zweite Satz ist am Ende der Seite noch nicht einmal beendet). Kein Witz. Das mag der Autor als seinen Stil bezeichnen und das sei ihm auch gegönnt, doch mich als Leser hat er damit definitiv verloren.