Rezension: Wikinger 878 A.D.

Wikinger 878 A.D.

Rezension: Wikinger 878 A.D.

"Lache nie über die Dummheit der Anderen. Sie ist deine Chance."

Diese Winston Churchill zugeschriebene Aussage ist gewissermaßen das Leitmotiv, wenn ich mit Investoren-Kollegen ca. 14tägig einen kompetetiven Brettspielabend inklusive geistiger Getränke absolviere.

Vergangenes Wochenende war es soweit - und es kam Wikinger 878 A.D. Angriff auf England auf den Tisch.

Das Setting: England im Jahr 878 n. Chr.

Seit mehreren Jahrzehnten von norwegischen und dänischen Wikingerstämmen durch Raubzüge regelrecht terrorisiert. Doch dann ändert sich die Lage: Die Wikinger kommen nicht nur für Raubzüge - sondern sie wollen bleiben, sprich das Land für sich erobern. Und nichts mit Willkommenskultur - die Engländer leisten Widerstand gegen die Invasoren.

An dieser Stelle beginnt das Spiel. Eine große Invasionsflotte der Wikinger ist kurz vor der Landung - und insgesamt 4 Spieler(innen) übernehmen die Seiten.

Gut gefällt mir als Historiker, dass sowohl die Namen der Provinzen als auch der beteiligten Parteien historisch korrekt sind.

So finden sich auf Seiten der Verteidiger Thanes (angelsächsische Gefolgsmänner), Fyrds (lokale Milizen) und Huskarls - laut Wikipedia aus den Elementen hús (Hausstand) und karl (freier, waffenfähiger Mann) zusammengesetzt.

Bei den Angreifern finden sich - natürlich - Nordmänner und Berserker. Letztere sind gewissermaßen in Blutrausch zu bringende, besonders angriffslustige Einheiten - die allerdings auch leichter Verluste erleiden.

Wikinger 878 A.D.

Das Spiel selbst ist sehr kompetetiv. So gibt es 17 Siegpunkt-Städte. Wenn die Wikinger eine bestimmte Zahl davon zu Rundenende besitzen, haben sie gewonnen. Wenn das bis Spielende (maximal 7 Runden) nicht der Fall ist, haben die Verteidiger gewonnen. So weit, so einfach.

Jede Runde läuft nach demselben Muster ab:

  • In der Verstärkungsphase landet meist eine neue Wikinger-Armee - die Engländer bekommen im Gegenzug Verstärkungen in bestimmten Städten (sofern sie diese noch kontrollieren)
  • In der Anführerphase werden Armeen mit Anführern bewegt. Das betrifft in erster Linie die Wikinger, denn die Engländer erhalten erst in Runde 5 ihren ersten und einzigen Anführer (historisch korrekt: Alfred der Große). Anführer haben den Vorteil, dass sie weiterziehen können, sofern ein Kampf innerhalb einer Kampfrunde entschieden ist.
  • In der Bewegungsphase können auch Einheiten ohne Anführer bewegt werden, hier gibt es natürlich Einschränkungen im Vergleich zu Armeen mit Anführern.
  • Schließlich werden dann noch die Kämpfe dieser Einheiten ohne Anführer abgehandelt.
  • Und am Ende des Spielzugs werden die Siegbedingungen kontrolliert und Handkarten nachgezogen.

Die einzelnen Einheiten sind in Form von gelungenen Miniaturen dargestellt, so dass das Verschieben von Armeen bereits ein haptisches Erlebnis ist. Die Landkarte finde ich ebenfalls sehr schön gestaltet, wie ich überhaupt den Illustrator loben möchte (auch im Hinblick auf die Handkarten).

A propos Handkarten: Bewegungen und Ereignisse sind kartengesteuert. Aus einem Set von jeweils 12 Handkarten im Grundspiel zieht jede Seite jeweils 3 Handkarten. Darin enthalten sind dann Bewegungskarten (zentral), aber auch Ereigniskarten. Da können z.B. die Engländer die Bauern einer von Nordmännern besetzten Provinz zum Aufstand aufrufen oder die Wikinder einen Überraschungsangriff starten (Vorteil im Kampf). Dies jeweils mit kleinem "flavour text" versehen, worin die Ereignisse historisch eingeordnet werden. Finde ich gut.

Miniaturen

Die Kämpfe selbst werden mit Würfeln abgewickelt - bis eine Seite komplett vernichtet oder ausgewichen ist. Hier ist natürlich ein recht hoher Glücksfaktor mit im Spiel. Es gilt aber zu beachten, dass hier durchaus im Hinblick auf den Erwartungswert optimiert werden kann.

So hat jede Partei andere Würfel. Die Berserker nutzen Würfel, die auf 4 von 6 Seiten einen "Treffer" haben. Die "Fyrd" (englische Milizen) hingegen haben nur auf 2 ihrer Würfelseiten einen "Treffer", auf weiteren 3 der Würfelseiten steht "Flucht", und auf einer steht gar nichts.

Insofern spiegelt das Auswürfeln von Schlachten einerseits die Unwägbarkeiten jeder militärischen Konfrontation wieder, in Bezug auf den Erwartungswert ist aber klar, dass ein Angriff mit 5 Berserkern und 2 Nordmännern auf einen Huscarl mit 3 Fyrds überaus erfolgsversprechend ist.

Mein Fazit:

Ein klar konfliktbetontes, gut gemachtes Strategiespiel mit schönem Artwork und eingängigen Regeln. Durch die Handkarten kommen interessante Wendungen ins Spiel, ebenso durch die unterschiedlichen Orte, an denen neue Wikinger-Armeen landen können. Mir persönlich fehlen hier Aufbau-Elemente, denn letztlich ist es ein "Hauen und Stechen" (mit Würfeln). Die Aufbau-Elemente sollen mit Erweiterungen ins Spiel kommen, die wir aber nicht hatten (wir spielten die Grundversion).

Wikinger 878 A.D. Angriff auf England

Sieger in solchen Spielen werden bei uns übrigens gerne an ein weiteres Zitat erinnert - diesmal von Marie von Ebner-Eschenbach:

"Siege, aber triumphiere nicht!"

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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