Tokyo Sympathy Tower

Tokyo Sympathy Tower

Ein "preisgekrönter Sensationsroman aus Japan"? Ausgezeichnet mit dem japanischen Akutagawa-Preis, erzählt die junge japanische Autorin (Geburtsjahr 1990) hier die - fiktive - Geschichte einer Architektin im Japan der nahen Zukunft.

Und die Autorin weiß eine gute Geschichte zu erzählen. Zu Beginn ist es allerdings etwas sprunghaft, da ich mir erstmal klar werden musste, zwischen welchen Protagonisten sie springt (die Architektin, ihr Freund, ein Glücksforscher...).

Das Buch ist brandaktuell, Mai 2025 erschienen.

Was kann ich über die Handlung ohne "spoiler" berichten? Dies:

Die Protagonistin ist eine Architektin im Japan der ca. 2030er, welche den "Tokyo Sympathy Tower" geplant hat, der danach gebaut wurde.

  • Mitten in Tokio steht dieses ca. 70 Stockwerke hohe imposante Gebäude, mit einer einzigartigen Funktion:
  • Er soll als "Gefängnis" dienen. Die Anführungsstriche deshalb, weil im Japan der 2030 sehr viel Wert auf politisch korrekte Sprache gelegt wird.
  • Statt Krimineller soll nun "homo miserabilis" gesagt werden, und das "Gefängnis" ist dieser Turm, der besonderen Wert auf angenehme Wohnqualität und sogar regelrechten Luxus für die Bewohner/innen (früher Gefangene genannt) legt.
  • Sie dürfen den Turm nur nicht verlassen...

Exkurs: In der real existierenden Welt gibt es ein ähnliches Konzept in Norwegen mit der Haftanstalt Halden - hier der Wikipedia-Eintrag dazu.

Interessanterweise bleiben einige der Bewohner nach Ablauf ihrer Strafe freiwillig dort wohnen und verzichten auf Ausflüge in die Außenwelt, was das Konzept ausdrücklich vorsieht.

Ein Teil des Romans befasst sich besonders über die Schilderung der Gedanken der Protagonisten mit den Auswirkungen dieser politisch korrekten Sprache. So sollen sich z.B. die Bewohner des "Tokyo Sympathy Tower" nicht vergleichen, weshalb sie auch keinen Zugriff auf "social media" haben - denn erst durch den Vergleich mit anderen werde man unglücklich...

Interessant auch der Aspekt der zunehmenden Verwendung von KI-Chatbots. Einige Gespräche von Protagonisten mit einem KI-Chatbot werden geschildert. Interessanterweise fällt dem Freund der Architektin auf, dass sie teilweise wie ein KI-Chatbot spricht - vom Satzaufbau, der Abwägung etc. pp.

Es spielen eine ganze Reihe von Aspekten mit hinein, die durchaus zum Nachdenken anregen. Das betrifft zum Beispiel die Namensgebund des "Tokyo Sympathy Tower" - warum eigentlich eine englische Wortwahl für ein Bauobjekt in Japan? Eine Frage, die ich mir auch in Mitteleuropa durchaus stelle.

Letztlich ist der Roman ein Poutpourri an kontroversen Themen - Auswirkungen von KI, politisch korrekte Wortwahl,... - verbunden mit einer guten Geschichte. Zur Geschichte an sich werde ich an dieser Stelle selbstverständlich nicht mehr sagen.

Insgesamt fand ich die ca. 150 Seiten recht kurzweilig zu lesen, was die Handlung betraf. Die gestreiften Themen haben mich aber durchaus länger beschäftigt auch nach Zuklappen des Buchs.

Und wenn ein Buch das schafft, dann war die Lektüre aus meiner Sicht nicht verloren. Insofern durchaus Daumen hoch meinerseits für:

Rie Qudan: Toyko Sympathy Tower

Eine kostenlose Leseprobe finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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