
Thyssenkrupp Aktie Profiteur vom Wiederaufbau der Ukraine?
Thyssenkrupp könnte einer der Profiteure von einem hoffentlich anstehenden Waffenstillstand/Frieden und folgendem Wiederaufbau der Ukraine sein. Das ist im Kurs noch nicht "drin", so meine Einschätzung.
Laut einer ungefähr ein Jahr alten Schätzung der Weltbank soll für den Wiederaufbau der Ukraine Hunderte Milliarden Euro (gerne auch Dollar) notwendig sein, es wurden 486 Mrd. USD genannt.
Keine Frage, dass das einige Finanz..."haie" hätte ich beinahe geschrieben schon im Blick haben: So hat JPMorgan einen Aktienkorb mit möglichen Profiteuren des Wiederaufbaus der Ukraine zusammengestellt.
Darin enthalten: Thyssenkrupp! Denn die produzieren nicht nur Stahl, sondern sind auch ein Anlagenbauer für Industrieanlagen, neue Kraftwerke, etc. pp.
Diese Erkenntnis könnte sich bald breiteren Anlegerschichten erschließen.
Ich nahm neulich an der - leider nur virtuellen - Hauptversammlung von Thyssenkrupp teil und habe mich deshalb nochmal mit der Thyssenkrupp-Aktie beschäftigt. Da sind die Bewertungszahlen aktuell wirklich "krass"! Ein konkretes Beispiel:
Während ich diese Zeilen schreibe, wird Thyssenkrupp gemessen an der Marktkapitalisierung gerade mit ca. 2,8 Mrd. Euro bewertet
Marktkapitalisierung = Zahl der Aktien multipliziert mit dem aktuellen Kurs
Wenn Sie also alle Thyssenkrupp Aktien zum aktuellen Kurs kaufen könnten, müssten Sie ca. 2,8 Mrd. Euro auf den Tisch legen.
Was Sie dafür bekommen?
Thyssenkrupp hat laut dem Geschäftsbericht 2023/2024 "Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente" von 5,867 Mrd. Euro. Wenn die Schulden abgezogen werden, komme ich auf ein Netto-Finanzguthaben von 4,4 Mrd. Euro.
Genau: Das Netto-Finanzguthaben von Thyssenkrupp ist höher als die Marktkapitalisierung!
- Wenn Sie sich also 2,8 Mrd. Euro leihen könnten...
- ...alle Thyssenkrupp-Aktien zum aktuellen Kurs kaufen könnten...
- ...dann könnten Sie mit dem Netto-Finanzguthaben vereinfacht gesagt die 2,8 Mrd. Euro zurückzahlen...
- ...und es würde noch ordentlich was übrig bleiben an Finanzen.
Und außerdem der komplette Geschäftsbetrieb von Thyssenkrupp geschenkt.
Eine solche Situation habe ich bei einem großen westlichen Industrie-Unternehmen bisher noch nie gesehen.
Und genau deshalb habe ich mir Thyssenkrupp auch näher angeschaut.
Dazu gehörte auch ein Besuch beim Stahlwerk in Duisburg voriges Jahr und Recherche in Namibia zum Thema Produktion von grünem Wasserstoff, der dann nach Duisburg zu Thyssenkrupp transportiert werden könnte.
Das Ergebnis meiner Recherche ist eindeutig. Doch der Reihe nach:
Zur Einstimmung veweise ich auf einen Vortrag, den ich 2024 für den "Dachverband der Kritischen Aktionäre" gegeben hatte:
Do, 25.01.2024, 18-20 Uhr
Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b, Köln
Mit Milliardenbeträgen subventioniert der Staat Unternehmen, die mit Hilfe von grünem Wasserstoff produzieren wollen. Thyssenkrupp und Salzgitter rüsten auf die Herstellung grünen Stahls um. Einen Großteil des teuren Wasserstoffs müssen sie aber zukaufen, zum Teil aus autoritären Staaten. Begibt sich Deutschland in eine neue gefährliche Abhängigkeit? Oder kommt es zu einem grünen Rohstoff-Kolonialismus zu Lasten des Globalen Südens?
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre wird an den Aktionärsversammlungen der Thyssenkrupp AG (2. Februar) und der Salzgitter AG teilnehmen.
Referenten:
Michael Vaupel, Journalist, Autor, Volkswirt und Ethikinvestor, nimmt online aus Namibia teil.
Inzwischen ist der Vortrag (allerdings ohne die darauf folgende interessante Diskussion) online gestellt. Ich referiere da zu den geplanten Wasserstoff-Projekten in Namibia. Dazu wissenswert: Namibia nimmt in der Wasserstoff-Strategie auch und besonders deutscher Unternehmen eine wichtige Position ein. Dort soll Wasserstoff relativ günstig produziert werden können (viel Sonne, viel Land, Wasser aus dem Atlantik) - und dann nach DE transportiert werden.
Ich weise darauf hin, dass ich selbst investiert bin. Doch mehr dazu in meinem Vortrag ab ca. 19:00 min unter folgendem Link bei Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=8-3o4dqIY4I
Warum das so wichtig ist:
Thyssenkrupp ist ein großer Stahlproduzent - aber übrigens viel mehr als das. Doch Stahl ist ein wichtiger Bereich.
Da gibt es nun ein riesiges Projekt, nämlich die Stahlproduktion vom Input Koks auf Wasserstoff umzustellen. Dazu müssen die Anlagen umgerüstet bzw. neu gebaut werden, Stichwort "Reduktionsanlagen". Ich habe mir das vor Ort erklären lassen...
...und da Thyssenkrupp diese Informationen auch gut aufbereitet (finde ich) auf seiner Internetseite darstellt, verweise ich auf selbige:
Erfreulich dabei: Der deutsche Staat unterstützt diese Umstellung finanziell. Kurz bevor ich in Duisburg zu Besuch war, kam der deutsche Wirtschaftsminister mit einem Scheck für Thyssenkrupp in Höhe von ca. 2 Mrd. Euro vorbei. Insofern kann ich schon verstehen, dass sich die Investor Relations Abteilung über dessen Besuch mehr freute als über meinen Besuch..."insert smiley here"...
Inzwischen hat z.B. Siemens Energy mitgeteilt, zukünftig auf "emissionsarmen Stahl" von Thyssenkrupp setzen zu wollen. Ob sich allgemein ein "Preis-Premium" durchsetzen kann für solchen Stahl, wird sich zeigen. Klar ist auch: in einer allgemeinen Wirtschaftsflaute boomt die Nachfrage nach Stahl nicht gerade. 2023 ist sie sogar zurückgegangen. Aber letztlich wird für Windkraftanlagen, Panzer und Elektro-Autos eben auch...Stahl benötigt.
Quelle: Unternehmensangaben
Bei Thyssenkrupp weicht das Geschäftsjahr vom Kalenderjahr ab. Aktuell sind wir im Geschäftsjahr 2024/2025, welches bis zum 30.9.2025 läuft
Die Zahlen für das vorige Gesdchäftsjahr waren nicht so prickelnd, weil ein Fehlbetrag von 1,45 Mrd. Euro ausgewiesen wurde. Dazu trug zu einem großen Teil eine buchhalterische Wertberichtigungen bei, für Abschreibungen auf den Wert der Stahlsparte und auch die Pensionsrückstellungen werden mal höher und mal niedriger bewertet, je nach Zinsentwicklung. Das kann dann aufs Eigenkapital drücken.
Den Geschäftsbericht 2023/2024 von Thyssenkrupp finden Sie bei Interesse unter diesem Link
Soweit, so schlecht. Aber, großes Aber:
Thyssenkrupp besteht nicht nur aus dem Stahlbereich.
So gibt es zum Beispiel den Geschäftsbereich "Thyssenkrupp Marine Systems", kurz TKMS. Hier geht es um Rüstung, konkret in erster Linie um U-Boote, wo TKMS einer der größten Anbieter ist.
Rüstungsgüter finde ich nun nicht so prickelnd, das ist allerdings nur meine persönliche Einstellung. Aber der Bereich soll ohnehin teilweise verkauft werden. Und genau daher kommt Phantasie:
Denn laut offizieller Linie von Thyssenkrupp soll es einen "spinoff" von TKMS geben. Dann könnte jeder, der Thyssenkrupp-Aktien hält, "für lau" TKMS Aktien erhalten. Wohlgemerkt, könnte - noch ist da nichts an Details bekannt und es könnte auch noch eine andere Vorgehensweise geben wie einen Verkauf an z.B. Deutz oder Rheinmetall.
Auf der Hauptversammlung erfuhr ich dazu: Die staatseigene KfW prüft derzeit den Wert dieses Geschäftsbereichs. Konkret geht es darum, dass Deutschland = der Bund hier einsteigt.
Aus Sicht von Thyssenkrupp wäre eine Beteiligung von 25,1% des deutschen Staates ideal. Denn dann könnte der Garantien liefern, was für potenzielle Kunden super wäre.
Möglich, auch wenn es aktuell unwahrscheinlicher geworden ist: Weitere 25,1% bis 50% könnten dann an einen Finanzinvestor gehen, mit schönem Gewinn für Thyssenkrupp. Dann wäre Thyssenkrupp vielleicht noch Minderheitsaktionär bei einem späteren Börsengang der Sparte.
Denn Rüstung ist derzeit - leider, leider - "in"! Wie neulich der Börsengang von Renk zeigte.
In den kommenden Wochen oder Monaten könnten wir dazu Nachrichten erhalten. Spannend, finde ich.
Und dann noch eine "Kleinigkeit", Steve-Jobs-mäßig (er ruhe in Frieden.)
Dazu hatte ich recherchiert...Thema Aufzugssparte. Die hatte Thyssenkrupp verkauft, um Verluste aus einem gescheiterten Südamerika-Projekt zu decken (Management-Fehler). Eine Quelle aus dem Unternehmen teilte mir allerdings mit, dass Thyssenkrupp an der verkauften Aufzugssparte noch in kleinerem Maße beteiligt ist, da beim Verkauf im Februar 2020 eine Rückbeteiligung vereinbart wurde.
Wieviel die wert ist? Die Antwort, die ich bekam: "Die genaue Beteiligung dürfen wir nicht nennen, lediglich, dass der Wert bei ~€1.2 Mrd liegt."
Das kann sich doch sehen lassen.
Dann hat Thyssenkrupp noch die Sparte "Uhde".
In der Sparte werden neue Industrieanlagen für Kunden geplant und auch gebaut. Das erinnert mich an den Industrie-Logistik-Bau-Konzern Bilfinger.
Mehr Informationen zu dieser interessanten Sparte finden Sie unter folgendem Link, inklusive kleinem Erklärvideo:
https://www.thyssenkrupp-uhde.com/de
Und dann gibt es noch einen Geschäftsbereich mit dem schönen Namen Thyssenkrupp rothe erde.
Da ist man der weltweit führende Hersteller von Großwälzlagern, so die Eigendarstellung.
Um was es da genau geht, das wurde für mich als Nicht-Ingenieur deutlicher beim Blick auf die "Leuchtturmprojekte" in diesem Sektor. Sie gelangen dahin durch Klick auf die folgende Grafik:
Dann noch einige Finanzdaten zu Thyssenkrupp und zur börsennotierten Wasserstoff-Tochter Thyssenkrupp Nucera:
Tochter Thyssenkrupp Nucera, außerdem Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung hält ca. 21%. Per 30.9.23: 11,838 Mrd. Euro EK (dazu 0,9 Mrd. Euro Minderheiten), bei 622,53 Mio. Aktien = 19,02 Euro/Aktie EK, EK-Quote 38,0%. GJ 22/23 (bis 30.9.23): Ergebnis -3,33 Euro/Aktie (GJ 21/22: 1,82 Euro/Aktie). ROE 2024e 5,8%
Thyssenkrupp Nucera https://investors.thyssenkrupp-nucera.com/de/investoren/
Wasserstoff-Tochter von ThyssenKrupp (hält 50,2%). Börsengang Juli 23 zu 20,00 Euro/Aktie. Per 30.9.23: 744,8 Mio. Euro EK, bei 126,315 Mio. Aktien = 5,90 Euro/Aktie EK, EK-Quote 65,0%, Netto-Finanzposition 761,3 Mio. Euro. GJ 22/23 (bis 30.9.23): Ergebnis 0,21 Euro/Aktie
Mein Fazit:
ThyssenKrupp hat interessante Beteiligungen...Beispiel Wasserstoff-Tochter Nucera: Alleine die hatten am 30.6.24 eine Netto-Finanzposition von 694 Mio. Euro. Und ich habe errechnet, dass der Buchwert je ThyssenKrupp Aktie per 30.6.2024 bei 17,51 Euro je Aktie lag. Die Stimmung gegenüber der Aktie war in den vergangenen Jahren sehr schlecht. Genau das sehe ich aber als Chance: Thyssenkrupp wird auf den Stahlbereich reduziert, hat aber einige "Perlen" im Depot und auch der Stahlbereich hat durch die Umstellung auf "grünen Wasserstoff" durchaus Phantasie. Dinge wie den Einfluss der IG Metall (zum Wohle des Unternehmens?) kann ich hingegen schwer einschätzen. Mein persönliches Fazit: Zu aktuellen Kursen kaufen und liegen lassen. Hier könnte es in den kommenden Monaten durchaus einen positiven Nachrichtenfluss geben z.B. im Hinblick auf die Tochter "TKMS".
Wie Sie die genannten Faktoren bewerten mag anders aussehen. Gerne können Sie mir dazu auch schreiben via info@ethische-rendite.de
- Name: Thyssenkrupp
- WKN: 750000
- ISIN: DE0007500001
Mit freundlichem Gruß!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt
Zitat des Tages:
„Das Ende ist nicht von Beginn an sichtbar.“ – Herodot
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