Adidas, Deichmann und H&M

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Adidas, Deichmann und H&M

Je nun, da war man (= Ihr Autor) baff und machte ein Geräusch wie eine Kuh, die zu muhen ansetzt - es sich unmittelbar davor aber anders überlegt. Um was es ging:

In meinem virtuellen Posteingang fanden sich diverse Unternehmensmitteilungen zu Hauptversammlungen (HVs), die verschoben werden.

So teilte Adidas mit, dass die HV zwar verschoben wird, der Dividendenvorschlag aber bei 3,85 Euro je Aktie bleibt. Es gebe zwar "vorübergehende Herausforderungen" (Coronavirus-Pandemie"), aber "dank seines gesunden Fundaments sowie seiner starken Positionierung in einer attraktiven Branche" ist Adidas "nach wie vor äußerst zuversichtlich."

Klingt ja prima. Doch was war das? Wenig später las ich, dass Adidas die Mietzahlungen für seine "Flagship Stores" einstellen möchte. Wie passt das zusammen, sprudelnde Gewinne 2019 und "vorübergehende Herausforderung" als Anlass dafür nehmen, vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen zu wollen?

Eigentlich hätte ich mich da umgehend "empört".

Doch dummerweise ist es ein aktuelles Phänomen der sozialen Medien, dass im Moment gefühlt jeder wegen irgendwas beleidigt ist.

Ich notierte mir in dem Zusammenhang die passende Formulierung von dem "hohen Ross der moralischen Empörung", ich glaube das hatte Mark Manson formuliert. Und das wird von unseren Mainstream-Medien natürlich dankbar aufgegriffen.

Natürlich, es ist einfacher, etwas leicht Anstößiges zu finden, Entrüstung zu erzeugen, diese dann weiterzuverbreiten und so "Klicks" zu erzielen. So gibt es auch in meinem persönlichen Bekanntenkreis - ich nenne keine Namen - einige, bei denen ich das Gefühl habe, sie freuen sich sogar, wenn sie sich moralisch empören können und mit dem Zeigefinger auf andere zeigen zu können. Selbstgerechte gefühlte moralische Überlegenheit mag diesen Bekannten einen Kick geben.

Das alles ging mir innerhalb von vielleicht 2,35 Sekunden durch den Kopf. Aber war das jetzt ein Argument, sich nicht aufzuregen über das Verhalten von Adidas? Wo ich mich doch manchmal ganz gerne ein bisschen aufrege (und nur deshalb gelegentlich z.B. RTL 2 einschalte)...

Ich beschloss, statt Empörungspornographie zu betreiben, auf Boris Palmer zu hören und nach dem Grundsatz "erst die Fakten, dann die Moral" zu handeln.

Also her mit den Fakten. Und da habe ich im Börsenleben die Erfahrung gemacht, mich möglichst nah an der Quelle zu informieren. Wenn irgendwo etwas über ein Unternehmen steht, dann schaue ich mir dann gerne an, was denn das Unternehmen selber dazu mitzuteilen hat.

Ist ja in der heutigen Zeit auch ohne Telegraphen und Ozeandampfer möglich, ein Griff zum Telefon oder zur Tastatur reicht da gewöhnlich aus.

Und so geschah es, dass ich nach direkter Anfrage bei drei Unternehmen, die wegen Nicht-Zahlung von Mieten am Pranger der sozialen Medien stehen, von diesen schriftliche Antworten erhielt.

Adidas, Deichmann und H&M in der Kritik

Und deren Antworten möchte ich in diesem Beitrag einfach wörtlich zitieren, so dass jede/r sich bei Interesse ein eigenes Bild machen mag. Los geht es:

Antwort von Adidas:

danke, dass Sie sich melden. Hier das, was wir Ihnen sagen können. Ich hoffe das hilft.

Es ist richtig, dass adidas, wie viele andere Unternehmen auch, vorsorglich Mietzahlungen für April temporär stundet wo unsere Läden geschlossen sind. Wichtig ist: Dabei geht es uns nicht darum, die Miete für den April nicht zu bezahlen. Es geht lediglich um eine Stundung.

Wir sind dazu mit den betreffenden Vermietern in engem Austausch. Unsere Vermieter, große Immobilienvermarkter und Versicherungsfonds, haben für diese Maßnahme überwiegend Verständnis gezeigt. Privatpersonen, vier an der Zahl, sind von dieser Stundung ausgenommen und erhalten Ihre April-Miete wie gewohnt.

Die Corona-Krise hat weite Teile der Welt und damit auch der Wirtschaft lahmlegt. adidas ist davon stark betroffen und die Stundung der Miete ist nur eine von vielen Maßnahmen, die wir vorsorglich zum Schutz des Unternehmens und seiner 60.000 Mitarbeiter ergreifen müssen.

Antwort von Deichmann:

wir können Ihnen dazu Folgendes mitteilen:
Der Vorwurf, DEICHMANN würde in der aktuellen Lage zum Schaden anderer Parteien Mietzahlungen verweigern, ist falsch.

Aufgrund der staatlich verordneten Schließungen unser sämtlichen Verkaufsstellen ist es uns nicht mehr möglich, den Betriebszweck unserer Läden zu erfüllen. In dieser für uns alle beispiellosen Situation haben wir unsere Vermieter gebeten, die während der Schließung anstehenden Mietzahlungen vorübergehend zu stunden. Die laufenden und anstehenden Gespräche mit unseren Vermietern haben zum Inhalt, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, welche Teilzahlungen wir kurzfristig vornehmen können und wie wir je nach Ausmaß und Dauer der Schließungen mit den gestundeten Zahlungen umgehen wollen.

Wir haben kein Interesse daran und werden verhindern, dass Vermieter dadurch in eine Notlage kommen. Sollte sich dies in einzelnen Fällen abzeichnen, würden wir unser Möglichstes tun, um zu  helfen.

Wir selbst sind in der Situation, dass wir in Deutschland rund 1.500 Filialen schließen mussten, die nun keinerlei Umsatz mehr erwirtschaften. Zwar schafft das Kurzarbeitergeld eine Entlastung bei den Personalkosten, dennoch laufen die Kosten für Logistik, Teile der Verwaltung, den umfangreichen Wareneinkauf und die Mieten weiter. Der größte Risikofaktor, ist dass niemand sagen kann, wie lange die Schließungen dauern. Wenn diese Phase länger andauert, wird das auch für wirtschaftlich gesunde Unternehmen existenzbedrohend. Es geht für uns bei allem, was wir tun, vorrangig darum, die Arbeitsplätze unserer 16.000 Mitarbeiter in Deutschland zu sichern. Alle Mitarbeiter werden bis zum 5. April ihr volles Gehalt erhalten, bevor Teile der Belegschaft in Kurzarbeit gehen.

Für uns kommt als international aktives Unternehmen mit insgesamt 43.000 Mitarbeitern noch hinzu, dass wir nicht nur in Deutschland von flächendeckenden Schließungen betroffen sind. In 28 von 30 Ländern, in denen wir tätig sind, mussten wir unsere Läden schließen. Dies führt dazu, dass mittlerweile 96 Prozent unserer insgesamt rund 4.200 Filialen keine Umsätze mehr erwirtschaften können. Hier laufen die Kosten ebenfalls weiter. Allein in den USA betreibt die DEICHMANN-Gruppe rund 600 Läden. Hier ist die Lage aktuell völlig unübersichtlich. Das gleiche gilt für Italien und Spanien. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es vollkommen unklar, wann unsere Länden wieder öffnen können. Selbst ein gesundes Unternehmen kann solche Belastungen nur eine begrenzte Zeit tragen. Auch hier reden wir mit allen Marktpartnern.

Für uns gilt generell, dass wir mit all unseren Partner im Markt gemeinsam nach Lösungen suchen, um diese schwere Zeit miteinander zu bewältigen. Wir möchten, dass niemand auf der Strecke bleibt. Darin sehen wir unsere gesellschaftliche Verantwortung.

Der wegbrechende Umsatz wird nicht ansatzweise durch den Onlinehandel ausgeglichen, da sich dieser nur im einstelligen Prozentsatzbereich des Umsatzes befindet.

Antwort von H&M:

Es ist nicht richtig, dass H&M grundsätzlich keine Mieten mehr zahlt, wir setzen diese vorerst aus. H&M agiert dabei im Rahmen der Corona-Hilfsgesetze, die kürzlich geschlossen wurden. Angesichts der aktuellen Situation ist eine kurzfristige aber auch mittelfristige Auswirkung auf unser Geschäft unvermeidlich. H&M befindet sich im engen und persönlichen Austausch mit allen Partnern, so auch den kleinen und großen Vermietern. Das Ziel ist es, schnell individuelle Lösungen zu finden, um die Auswirkungen für beide Seiten so gering wie möglich zu halten. Der große Teil der Vermieter steht der Diskussion sehr aufgeschlossen gegenüber, was wir sehr zu schätzen wissen.

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Im heutigen Premium-Beitrag schaue ich mir die Frosta Aktie an. Da gab es eine interessante Änderung: Das Unternehmen will weg von Plastikverpackungen und auf reine Papierverpackungen umstellen. Ist die Aktie ein mögliches Investment?

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Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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