In fünfter Generation

In fünfter Generation

Im Laufe der Jahre habe ich eine ganze Reihe deutschsprachiger Namibierinnen und Namibier kennengelernt. Mich fasziniert diese relativ kleine Gruppe von Deutschsprachigen, die seit mehreren Generationen im südlichen Afrika ansässig ist. Das zeigt sich bereits an der Sprache, die etwas vom "Hochdeutschen" abweicht.

Und was für interessante persönliche Geschichten es da gibt! So hörte ich zum Beispiel in der namibischen Hauptstadt einmal zwei Dunkelhäutige, die sich in bestem Berlinerisch/Brandenburgisch unterhielten. Es waren wohl "DDR-Kinder", die als Kleinkinder aus dem Bürgerkrieg Namibias in die DDR geflogen wurden und dort aufgewachsen sind.

Oder die namibische Koryphäe Professor Tötemeyer. Ich hatte das Glück, ihn persönlich kennenzulernen - und seine Autobiographie habe ich geradezu verschlungen (hier meine Rezension). Der Missionarssohn hat ein bewegtes Leben hinter sich - unter anderem "strandete" die Familie 1939 bei einem Deutschland-Urlaub im Zweiten Weltkrieg...

Als ich deshalb mitbekam, dass der norddeutsche Lehrer und Namibia-Liebhaber Lars Poppenborg ein Buch mit Porträts deutschstämmiger Persönlichkeiten Namibias veröffentlich hat, machte ich mich umgehend an die Lektüre dieser Neuerscheinung.

Der Titel "In fünfter Generation" soll zum Ausdruck bringen, dass es sich dabei bei den Deutsch-Namibiern inzwischen um fest im Land verwurzelte Afrikaner handelt - eben deutschsprachige Namibier und keine "Deutschen".

Ich hätte allerdings den Untertitel genauer lesen sollen:

Denn es geht in den Porträts nicht nur um Deutsch-Namibier, sondern auch um "Deutsche mit Bezug zu Namibia". Letzteres fand ich eher unpassend, es ist aber wohl Marketing-Gründen geschuldet.

Denn so konnten zwei bundesdeutsche Schlagersänger Einzug ins Buch finden, die einige Konzerte in Namibia gaben und sich seitdem dort sozial engagieren. Auch ein bundesdeutscher Triathlet, der in Namibia einmal bei einem Eintages-Mountainbike-Rennen teilgenommen hat, wird porträtiert.

Spannender fand ich da die Porträts "echter" deutschsprachiger Namibier. Überaus lesenswert schätze ich gerade exotischere Werdegänge wie den von Andrew Imalwa: Denn er ist so ein "DDR-Kind", in seinem Porträt werden auch die Probleme bei der Wiedereingliederung der DDR-Kinder in Namibia thematisiert.

Ein Teil des Inhaltsverszeichnisses. Quelle: Verlag

Die Auswahl der Porträts zeigt eine weite Bandbreite, von einem durch das "Bauer-sucht-Frau" Format bekannten Farmer über Musiker wie Ees bis hin zu einem musikbegeisterten Gerber aus Swakopmund.

Also alles gut, topp Empfehlung, das Buch? Ruhig, Brauner. Ich sehe bei diesem Buch leider ein Manko. Und zwar sind die insgesamt 17 Porträts in erster Linie verschriftlichte Interviews, so wie ich es verstehe.

Das bedeutet: Der Autor hat keine Angaben zur Biographie der Betreffenden recherchiert, sondern diese selbst zu Wort kommen lassen bzw. deren Aussagen übernommen. Und das völlig unkritisch, wie ich anmerken möchte.

Beispiel Kwaito-Musiker Ees: Das Nicht-Erfüllen seines Plattenvertrags wird damit begründet, dass "Ees sich nicht verbiegen lässt und seinen Musikstil daher nicht verändert, nur um CDs zu verkaufen und Geld in die Kassen der Plattenfirma spülen zu können."

Das ist offensichtlich die Sichtweise von Ees, die natürlich stimmen mag - doch warum hat der Autor nicht auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen, sprich einmal bei der Plattenfirma nachgefragt?

Zudem finden sich im Buch an einigen Stellen Plattitüden. So heißt es im Porträt zum sympathischen deutschsprachigen Namibier Pierre Werner, dass dieser bei Reisen im Land auch mit deutschen Touristen spricht - "und unterhält sich etwas in deutscher Sprache". Ja, in welcher Sprache denn sonst?

Oder zu einer Radiomoderatorin heißt es im Porträt, dass ihr "das Herz eines Menschen wichtiger ist als das Präsentieren unnötiger Luxusgüter". Das klingt, als hätte sie das dem Autoren in die Feder diktiert. Und nebenbei gesagt - wer würde schon einräumen, dass bei ihm/ihr genau das Gegenteil der Fall ist?

Mein Fazit: Ein Nischenthema, interessante Auswahl der Persönlichkeiten!

Den Ansatz, deutschsprachige Namibier zu porträtieren, finde ich gerade für bundesdeutsche Leser/innen äußerst interessant. Das Buch ist auch grundsätzlich gut geschrieben, doch leider vermisse ich eine gewisse kritische Distanz des Autoren zu den Porträtierten. Das mag aber auch gegen mich sprechen, ich bin nun einmal ein unabhängiger kritischer Geist. Die Auswahl der Porträtierten ist jedenfalls gelungen und ich hoffe durchaus, dass es bei einem Erfolg dieser Neuerscheinung einen zweiten Band geben wird. Noch eine technische Anmerkung: Das Buch ist bei BoD ("Books on Demand") erschienen. Eine feine Sache, dass die Bücher nur bei tatsächlicher Nachfrage gedruckt werden. Anders als bei einem traditionellen Verlag bedeutet das aber auch Verzicht auf festen Einband - und einige Kommafehler fielen mir auch auf. Insgesamt damit unter Einschränkungen eine Leseempfehlung für:

Lars Poppenborg: In fünfter Generation

Eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Mit herzlichem Gruß!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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