Rezension: Burgund

Rezension: Burgund

Da sage man noch einmal, Fernsehen verblöde. Im Januar hatte ich mir bei 3Sat die ersten beiden Teile des Dreiteilers Maximilian angesehen. Mit niedrigen Erwartungen - historische Schmonzette wahrscheinlich" - hatte ich eingeschaltet, wollte dem Film aber eine Chance geben.

Und ich bin froh, dass ich das getan habe, denn ich war überrascht über die schauspielerischen Leistungen sowie die historische Korrektheit der Handlung (soweit ich das beurteilen konnte). Und der Film hatte mich richtig gepackt. Das Leben von Maximilian, später römisch-deutscher Kaiser, hier in erster Linie noch "Sohn" (vom Vater kaum ernst genommen) und durch Heirat Herzog von Burgund geworden - mit so vielen Wendungen, Emotionen, menschlichen Abgründen, herrlich.

Fast forward. Vorigen Monat erschien bei von mir sehr geschätzten C.H. Beck Verlag ein Buch namens "Burgund - das verschwundene Reich". Da erinnerte ich mich sofort an den Dreiteiler und Maximilian und meine Neugier war geweckt. Was hatte es eigentlich mit diesem Burgund auf sich? Gewiss, das Nibelungenlied kennt man als Initiierter, aber das lag doch eher in Worms - wieso liegt die heutige Region Burgund ("Bourgogne") in Frankreich, um Dijon herum? Und wieso ging dieser Staat eigentlich unter?

Im Mittelalter war Burgund doch DAS Paradebeispiel für die Verbindung von Frührenaissance, wirtschaftlichem Erfolg und spätmittelalterlicher Prachtentfaltung sowie ehrgeizigen und fähigen Herrschern (es sei an "Karl den Kühnen") erinnert!

Also beschloss ich, besagtes Buch zu lesen. Trotz oder gerade wegen seines Umfangs von über 600 Seiten. (Inzwischen bin ich vielleicht zu alt, um dünne Bücher zu lesen...)

Und erneut war ich positiv überrascht - diesmal vom Autor des Buches, Bart Van Loo. Dieser niederländische Schriftsteller schafft es, seinen Beruf als Historiker mit der Profession des Schriftstellers zu verbinden, und zwar meisterhaft (wie ich finde).

So werden in dem Buch gewissermaßen en passant zahlreiche Fakten vermittelt, doch das kombiniert mit packender Erzählkunst. Ein Beispiel: Als es um den burgundischen Herzog "Johann Ohnefurcht" geht, hätte der Autor als Historiker einfach dessen Lebensdaten und Eckdaten der Biographie bringen können. Stattdessen schildert er die Situation, wie Johann als Kind von einem niederländischsprachigen Erzieher unterrichtet wird.

Dabei wird dessen Familiengeschichte vermittelt - fiktiv so, wie es der Erzieher dem Kind hätte vermitteln können, nämlich in der Wiedergabe von Geschichten z.B. über dessen Großvater. Die genannten Fakten sind historisch korrekt, aber da hier "Geschichte" (historische Fakten) in Form einer "Geschichte" (gute Erzählung) vermittelt wird, zieht das den Leser/die Leserin stark hinein ins Buch.

Hinzu kommen einfach gute Formulierungen. Ein Beispiel: Den Übergang zum Christentum beschreibt der Autor wie folgt, Zitat:

Der Glaube gedieh auf der Verzweiflung der Hörigen und dem Reichtum des Adels wie Brennesseln und Rosen auf einem Misthaufen.

Gut gefiel mir auch, dass der Autor von Zeit zu Zeit persönliche Wertungen einfließen lässt, aber wohldosiert und auch als solche kenntlich gemacht. So lässt sich die eigene Meinung/Einschätzung daran messen.

Insgesamt eine grandiose Art und Weise, die Geschichte Burgunds auf gut lesbare Weise zu vermitteln, bei gleichzeitigem intellektuellem Lesegenuss.

Als Schulnote würde ich hier definitiv eine "1" vergeben für das neue Opus Magnus von Bart Van Loo (den Namen versuche ich mir zu merken):

Burgund - das verschwundene Reich

Eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei finden Sie unter diesem Link.

Es sage keine(r) mehr vor Lektüre dieses Buches, er/sie habe Langeweile!

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben ein angenehmes Wochenende!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

Mehr über mich

You must be logged in to post a comment.