Rezension: Die Mitternachtsbibliothek
Jede Entscheidung ist ein Massenmord an Möglichkeiten.
Ich weiß nicht mehr, wann oder wo ich dieses Zitat gelesen oder gehört habe. Ich habe es mir aber gemerkt.
Und ich erinnere mich daran, wie mir ein US-amerikanischer Freund seinen Stammbaum zeigte. Einer der "Stämmväter" seiner Familie war ein Deutscher, der vor ca. 200 Jahren von einem norddeutschen Hafen aus in die USA reiste. Dort lernte er eine Frau kennen, sie bekamen Kinder, etc. pp.
Mein Gedankengang bei diesem US-amerikanischen Freund:
Wenn dieser Mann damals aus was für Kleinigkeiten auch immer NICHT das Schiff bestiegen hätte - dann würde dieser gesamte auf ihn folgende Stammbaum in dieser Form nicht existieren. Und wir würden uns jetzt nicht unterhalten können, Dave.
An dieses Gespräch bzw. diesen Gedankengang musste ich neulich denken - und zwr bei der Lektüre des Buchs "Die Mitternachtsbibliothek" von Matt Haig.
Ich versuche, abwechselnd Sachbücher und Romane zu lesen, was mir natürlich nicht immer gelingt.
Hier bin ich sehr froh, dass ich dieses Buch auf meiner "to read"-Liste endlich gelesen habe. Denn ich finde es grandios.
Denn die Rahmenhandlung behandelt Gedanken wie den oben dargesellte. Konkret: Die Protagonistin sieht ihr Leben gescheitert und möchte sich umbringen.
Stattdessen landet sie in der "Mitternachtsbibliothek" - gefüllt mit Büchtern, die alternative Leben von ihr selbst darstellen.
Und da reicht manchmal ein "etwas anders tun" um in einem ganz anderen Leben zu landen.
Die Bibliothekarin reicht ihr ein Buch mit Dingen, die sie bereut.
Hätte ich doch das gemacht, hätte ich doch...
Und in der Mitternachtsbibliothek hat die Protagonistin die Möglichkeit, dieses alternative Leben zu führen.
- Was wäre denn gewesen, wenn ich XY wirklich geheiratet hätte und zusammen mit ihm seinen Traum (in dem Fall Eröffnung eines Pubs im ländlichen England) ausgeführt hätte?
- Was wäre denn, wenn ich den Erwartungen meines Vaters nachgekommen wäre?
Die "alternativen Leben" bringen oft erstaunliche Erkenntnisse - für die Protagonisten und damit auch für uns, die Leser/innen!
Ich möchte anmerken, dass es Matt Haig sehr gut versteht, eine gute Geschichte zu erzählen.
Sein Erzählton ist leicht, gut beschreibend, mit Blick für feine Details. Die Rahmenhandlung ist spannend und macht neugierig auf die "alternativen Leben" der Protagonistin.
Und so ganz nebenbei verleiten die Geschichten dazu, über das eigene Leben nachzudenken...war zumindest bei mir so...
Mein Fazit:
Aus den beschriebenen Gründen ist das für mich großartiger Roman - insofern von mir aus klares Daumen hoch für diese interessante Neuerscheinung:
Matt Haig: Die Mitternachtsbibliothek
Eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei finden Sie bei Interesse unter diesem Link.
Angenehme Lektüre!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.
P.S. Die Links zum Buch führen zu Amazon - eine einfache Möglichkeit zur Bestellung. Ich persönlich würde mich aber freuen, wenn Sie beim Buchhändler/in vor Ort bestellen, um den lokalen Einzelhandel zu unterstützen. Der Preis ist derselbe.