Simbabwe: Bettler nehmen lieber Kaugummis statt Münzen

Simbabwe: Bettler nehmen lieber Kaugummis statt Münzen

Anstieg der Inflation? Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte die Zentralbank von Simbabwe um Rat fragen, wie die Inflationsrate gesteigert werden kann.

Diese führte in Simbabwe neue Münzen ein – die höchst unbeliebt sind.

So hatte sich die Zentralbank von Simbabwe (Reserve Bank of Simbabwe) das wohl nicht vorgestellt: Die neuen Münzen, welche Ende 2014/Anfang 2015 in Simbabwe eingeführt worden sind, stoßen bei der Bevölkerung auf großen Widerwillen. So kann es gehen, wenn die Bevölkerung das Vertrauen in die eigene Zentralbank vollkommen verloren hat.

Wenn es um geldpolitische Lockerung zur Verhinderung einer Deflation geht, dann kann der Zentralbank von Simbabwe kaum jemand etwas vormachen. In Simbabwe hatte es 2007 bis 2009 eine Hyperinflation gegeben, wobei Preissteigerungen von 500 Milliarden Prozent (!) Alltag waren.

Ich habe dazu bei einer meiner Afrika-Reisen einen Scheck aus dem Jahr 2008 gefunden, leider schache Photo-Qualität - schauen Sie mal:

2009 kam es dann zur Kapitulation der Zentralbank von Simbabwe: Die eigene Währung wurde aufgegeben und stattdessen der US-Dollar als Währung genommen. Seitdem ist der US-Dollar in Simbabwe Zahlungsmittel, alternativ der südafrikanische Rand. Mit dem US-Dollar können Sie im Lande von 2009 an bis heute problemlos bezahlen. Im Laufe der Jahre zeigte sich aber, dass für alltägliche Geschäfte Kleingeld fehlt. Dollarscheine, die sind vorhanden und kamen auch über die Zentralbank in die Wirtschaft. Doch Münzen aus den USA wurden eben nicht importiert.

So geht das nicht – dachte sich offensichtlich der Präsident der Zentralbank von Simbabwe. Und begab eine Anleihe im Volumen von 50 Millionen Dollar, und mit dem Erlös sollten im benachbarten Südafrika Münzen für Simbabwe geprägt werden. Das ist inzwischen geschehen.

Diese Münzen werden vor Ort übrigens „bond coins“ (Anleihen-Münzen) genannt – da deren Prägung mit einer Anleihe finanziert wurde. Doch das fehlende Vertrauen in die Zentralbank zeigte sich in Simbabwe auch jetzt wieder. Denn die neuen Münzen werden im Land nur widerwillig aufgenommen – wenn überhaupt. Laut einer Reuters-Meldung wollte ein Korrespondent in Harare einem Bettler eine Handvoll der neuen Münzen geben. Dieser brach in Gelächter aus und sagte nur „no thanks“! Die Einwohner Simbabwes benutzen als Kleingeld lieber Rand-Münzen oder Kaugummis und Stifte.

Offensichtlich befürchtet das Volk in Simbabwe, dass die Einführung der Münzen nur ein erster Schritt ist in Bezug auf die Wiedereinführung einer eigenen Währung.

Und allzu frisch ist noch die Erinnerung an die Hyperinflations-Zeit. Ein Anstieg der Preise von deutlich unter 2% pro Jahr – was von der EZB vor einigen Jahren sinngemäß als „drohende Deflation“ gesehen wurde – wäre in Simbabwe ein Zeichen einer geldpolitischen Stabilität. Diesbezüglich hat die Zentralbank von Simbabwe bei der eigenen Bevölkerung Vertrauen massiv verloren.

Insofern kann sich die Europäische Zentralbank diesbezüglich durchaus noch glücklich schätzen.

Ich dachte da an Nassim Taleb (guter Mann!) und dieses Zitat von ihm kam mir in den Sinn:

Probleme der Geldpolitik angesichts von Nichtlinearitäten: Man steigert die Geldmenge immer weiter, ohne Ergebnis…bis es zu einer Hyperinflation kommt. Oder zu gar nichts. Man darf Staaten kein Spielzeug geben, das sie nicht verstehen.

In diesem Sinne!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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