Eine schrecklich nette Familie

Eine schrecklich nette Familie

In diesem Beitrag möchte ich gedanklich auf die Karolinen-Inseln springen. Dabei handelt es sich um einen verstreuten Archipel mit ungefähr 500 Inseln im westlichen Pazifik östlich der Philippinen.

Dieser Archipel wurde übrigens 1899 im Rahmen des „Deutsch-Spanischen Vertrags“ vom deutschen Kaiserreich von Spanien erworben. Der Kaufpreis lag bei 25 Millionen Peseten. Der Erste Weltkrieg brachte auch hier das Ende der deutschen Kolonialbesitzungen.

Zu den Karolinen gehört auch eine Insel namens Yap oder Uap, von den Einheimischen auch Wa´ab genannt. 1903 besuchte der amerikanische Anthropologe William Henry Furness III. die Insel und untersuchte dort auch, was die Einheimischen als Geld benutzten.

Die lokale Währung wurde „Fei“ genannt. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um große, solide, dicke steinerne Räder, welche einen Durchmesser von 30 Zentimetern bis hin zu vier Metern haben konnten.

In der Mitte war ein Loch von etwa einem Sechstel des Durchmessers, wodurch eine Stange gesteckt werden konnte, um den „Fei“ auf den Schultern von Männern zu transportieren.

Die Feis wurden aus Kalkstein hergestellt, welcher auf einer Insel namens Babelthuap gewonnen wurde – mehrere Hundert Kilometer entfernt. Sehr wahrscheinlich wurden die Feis auch dort hergestellt und dann mit Kanus und Flößen nach Yap transportiert.

Die größeren Feis waren natürlich wertvoller, aber die Größe war nicht der einzige Bestimmungsfaktor des Wertes. Auch die Qualität des Kalksteins war wichtig.

In einigen Fällen konnte ein Fei so viel wiegen wie ein modernes Auto und war deswegen schwer zu transportieren.

In solchen Fällen war ein neuer Besitzer eines Feis glücklich, wenn ihm dieser einfach nur gehörte – und der Fei selbst konnte vor dem Haus des vorigen Besitzers stehen bleiben. Denn:

Der wichtigste Punkt beim Nutzen von Geld ist der Glaube, dass dieses Geld auch von anderen angenommen wird.

Wenn dieses Vertrauen da ist, dann reicht auch ein steinernes Rad vor dem Haus eines anderen aus, damit sich jemand „reich“ fühlen kann.

Eine schrecklich nette Familie

Es gab sogar eine Familie, deren Reichtum groß und allgemein anerkannt war – obwohl niemand (einschließlich der Familie selbst) jemals den Reichtum dieser Familie in Form von Feis gesehen hatte.

Die Quelle ihres Reichtums war ein enormer Fei, der seit zwei oder drei Generationen auf dem Meeresboden lag. Offensichtlich war einer der Vorfahren der Familie zu einer Expedition aufgebrochen. Als er zurückkam, brachte er einen enormen Fei auf einem Floß mit.

Aber ein Sturm kam auf, und um das Leben der Mitreisenden zu retten, musste der Fei versenkt werden. Nach der Rückkehr bestätigte jeder der Mitreisenden, dass sie den Fei gesehen hätten – und dass er riesig sei und ohne Schuld des Besitzers versenkt worden wäre. (Siehe dazu die Illustration unter dem Beitrag.)

Deshalb blieb die Kaufkraft dieses Steins für den Mann und spätere Generationen seiner Familie erhalten.

Was dieses Beispiel und andere Beispiele abstrakten Geldes uns zeigen, ist die Wichtigkeit eines „Mythos“ oder nicht infrage gestellten Glaubens in monetären Dingen. Das Geld um uns herum, das Geld, mit dem wir aufwachsen, erscheint uns nur als „reales“ Geld.

Bevor wir darüber überheblich schmunzeln – ist es heute wirklich so sehr anders?

Hinweis: Das ist ein Auszug aus dem Buch "Die Geschichte(n) des Geldes", das ich zusammen mit meinem indischen Co-Autoren Vivek Kaul geschrieben habe.

Ich grüße Sie herzlich mit den besten Wünschen für Gesundheit, Arbeit und Wohlergehen.

Michael Vaupel

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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