Sabaton – Epische Geschichten
Als Historiker (M.A.) finde ich gerade eher unbekannte und etwas skurrile geschichtliche Anekdoten interessant.
So recherchierte ich zu einem Fall, in dem US-Soldaten im Mai 1945 in Tirol zusammen mit Wehrmachtssoldaten gegen eine SS-Einheit kämpften. Warum? Gemeinsam verteidigten sie ein gutes Dutzend "Ehrengefangene" Hitlers (wie Édouard Daladier, ehemaliger französischer Ministerpräsident). Hitler hatte sich bereits umgebracht - und auch diese Gefangenen hätten das Kriegsende vielleicht nicht überlebt, "dank" der SS.
Doch es kam anders.
Denn ein Wehrmachtsoffizier namens Sepp Gangl hatte sich dazu entschieden, diese Gefangenen vor der SS zu verteidigen. Er bot einem US-Befehlshaber vor Ort die Kapitulation seiner Einheit an und schilderte die Lage. Der US-Kommandeur (John Carey Lee Jr.) war sich mit ihm schnell einig, dass sie gemeinsam die Gefangenen vor dem Tod retten müssten.
So geschah es, dass Wehrmacht und US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg gemeinsam kämpften, mit den hauptsächlich älteren Gefangenen, denen sie Waffen gegeben hatten - gegen die SS.
Bei der gemeinsamen Aktion fand Sepp Gangl leider den Tod. Er ist für mich ein wahrer Held. Alle Gefangenen wurden gerettet. Ort des Geschehenens: Schloss Itter in Tirol.
Bei Interesse finden Sie hier einen Artikel zu dieser historischen Episode
Was das nun mit diesem Beitrag zu tun hat:
Bei der Recherche erfuhr ich, dass eine schwedische Band namens "Sabaton" diese geschichtliche Anekdote als Grundlage für einen ihres Lieder genommen hatte. Titel passenderweise: "The Last Battle".
Das komplette Album, auf dem sich dieser Song befindet, widmet sich historischen Anekdoten, die ich höchst interessant finde. So ist der dem Album den Namen gebende Song "The Last Stand" den 147 Schweizer Gardisten des Papstes gewidmet, die 1527 hoffnungslos unterlegen bei der Verteidigung Roms ihr Leben gaben, damit der Papst Zeit hatte, lebendig zu entkommen. Alle der 147 Gardisten fanden dabei den Tod.
Fakt ist: Seitdem ich dieses Album gehört und die Hintergründe zu jedem der Songs darauf gelesen habe, hat diese Band gewissermaßen einen Platz in meinem Herzen erobert.
Sie können sich denken, dass ich das nicht erwähnen würde, wenn es nicht einen aktuellen Anlass geben würde. Den gibt es.
Und zwar hat mein Lieblings-Brettspiel-Verlag Pegasus Spiele gerade eine Neuerscheinung mit folgendem etwas sperrigem Namen veröffentlicht:
A Battle through History – Das Sabaton Brettspiel
Sie können sich denken, dass ich das Spiel umgehend auf Herz und Nieren getestet habe. Und gewiss, ich räume ein, gleich doppelt befangen zu sein - da ich sowohl die Band "Sabaton" als auch Pegasus Spiele sehr schätze.
Aber dennoch schaltet das meinen kritischen Geist nicht völlig aus. Denn was ich auch nicht mag, ist das Aufpflanzen eines "Merchandise"-Themas auf ein im Grund davon unabhängiges Brettspiel.
Thematisch geht es darum, dass jede/r Spieler/in einen - Zitat: "zeitreisenden Geschichtenerzähler" spielt, passend "Sabaton" genannt. Für jeden Sabaton gibt es eine vollplastische Figur hoher Qualität, deren Aussehen - nicht wirklich überraschend - jeweils an ein Mitglied der Band Sabaton erinnert.
Thematisch geht es darum, durch historische Epochen zu reisen und die Spieler/innen können sich dazu entscheiden, sich der Geschichte zu stellen (= gegen ausliegende Karten zu kämpfen). Spielmechanisch läuft dies verkürzt gesagt wie folgt ab:
Die Spieldauer beträgt 6 Runden (8 Runden bei Spieldauer "lang").
Zu Beginn einer Runde liegen jeweils 12 Karten aus: 3 Stück aus 4 Epochen. Die Karten haben unterschiedliche Fähigkeiten und bieten insofern verschiedene Möglichkeiten.
Wer an der Reihe ist, wählt aus, in welche Epoche er bzw. sie "springt" (= Phase 1 "Zeitreise"). Wer springen möchte, muss mindestens ein Zeitreiseplättchen im sogenannten Getriebe der Geschichte platzieren. Darauf zeigen Pfeile die Aktionen an, die nun durchgeführt werden können. Falls gewünscht, dann kann der/die Spieler/in dies nun tun.
Die 2. Phase heißt passend "Kampf". Da können Einheiten auf dem Spielbrett erobert werden - diese können in späteren Runden nützlich sein. Alternativ lässt sich auch ein Mitspieler/in angreifen.
Hier ein Beispiel für eine Einheitenkarte:
Die Details der Kämpfe (Verbundenheit mit Karten, Verstärkungen etc. pp.) lasse ich an dieser Stelle beiseite. Nur ein Aspekt dazu: Wer zwei passende Einheiten hat, erhält einen "Verbindungsmarker", welcher de facto als Puffer für einen Schaden fungiert.
Ds finde ich nett umgesetzt, denn so wird spieltechnisch umgesetzt, dass manche Einheiten - derselben Epoche - sich eben gut ergänzten. Ein Beispiel: Mittelalterliche Infantrie freut sich, wenn sie zusammen mit passender Kavallerie auf dem Schlachtfeld antreten kann, siehe dieses Bild aus der Anleitung des Spiels:
Die 3. Phase besteht dann passenderweise in der "Erholung", was in der Praxis zum Beispiel zum Wiederauffüllen der Karten führt.
Wer wissen möchte, wie das in der Praxis aussieht, dem empfehle ich dieses Vorstellungsvideo unter 5 Minuten direkt vom Verlag.
Mein Fazit: Leckerbissen für Militärtaktiker!
Die Regeln fand ich überraschend einfach. Das ist bei jemandem wie mir kein Kompliment - denn wenn ein Spiel "zu trivial" oder zu stark glückslastig ist, gefällt es mir eher nicht. Doch hier ist ausreichende Entscheidungstiefe gewährleistet. Ein Spiel wie dieses lebt meiner Ansicht nach von der Qualität des Artworks. Denn wenn zum Beispiel die Einheitenkarten - insgesamt 108 - einen Großteil des Spielfeldes ausmachen, sollten die Illustrationen stimmig und passend sein. Und das ist hier definitiv der Fall - großes Kompliment an die Illustratioren (Alan D’Amico, Sebastian Łydżba, Peter Sallai, Mirco Pierfederici).
Der Spielekarton kommt aufgrund des schönen Materials auf ein Gewicht von run 2 Kilogramm. Da liefert alleine die Haptik Glücksgefühle, wenn der Karton aus dem Regal geholt wird. Für wen das Spiel hingegen nichts ist: Wer kooperative Spiele mag, ist hier fehl am Platze. Gewiss, es lässt sich auch gewinnen, ohne den Nachbarn anzugreifen. Doch das hängt zumindest in der Luft und kann manchen Spielern den Spaß verderben. Wer jedoch Spaß an Geschichte und Militärtaktiken und historischen Einheiten hat sowie gerne seine grauen Zellen mit einem Deckbauspiel trainiert, dem empfehle ich guten Gewissens:
A Battle through History – Das Sabaton Brettspiel
Ich wünsche einen angenehmen Spieleabend!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.