Joseph Roth: Reisebericht

Joseph Roth: Reisebericht

Joseph Roth – einer meiner Lieblingsautoren. Kritisch, ironisch, und – wichtig – ein sehr guter Beobachter von Details und ein famoser Erzähler. Dazu teilweise kombiniert mit Trübsinn und Resignation (er hat sich später in Paris zu Tode gesoffen).

Roth beschreibt, dass Berlin in einem „grotesken Operetten-Ukrainertum“ schwelge, in welchem alles Ukrainische unkritisch positiv gesehen werde. Wohlgemerkt, in den 1920ern geschrieben.

In der Ukraine selbst fiel Roth, dem Kosmopoliten, die Mehrsprachigkeit vieler Bewohner auf. Er sah das positiv:

„Junge und kleine Nationen sind empfindlich. Große sind es manchmal auch. Nationale und sprachliche Einheitlichkeit kann eine Stärke sein, nationale und sprachliche Vielfältigkeit ist es immer.“ Und: „Ich wüsste nicht, wem das schaden könnte.“

Übrigens war diese sprachliche Vielfalt damals keineswegs auf Ukrainisch und Russisch beschränkt.

Roth schildert, dass in der West-Ukraine auch polnisch, deutsch und Jiddisch auf den Straßen gesprochen wurde. „Immer sprachen sie so in dieser Gegend. Sie werden wahrscheinlich niemals anders reden.“

Wie traurig einen diese Zeilen heutzutage machen können, wo man weiß, was später passierte. Denn Roth schrieb seine Zeilen in den 1920ern – vor der Katastrophe des 2. Weltkriegs. Polnisch, deutsch und jiddisch wird auf den Straßen der West-Ukraine mittlerweile nicht bzw. kaum noch gesprochen.

Zum ukrainischen „Volkscharakter“ diese Anekdote von Roth:

„Einen ukrainischen Bauern behalte ich im Gedächtnis, der noch nie eine Eisenbahn gesehen hatte und der mir einmal sagte: `Zu Fuß komme ich später an als Sie mit der Eisenbahn, aber ich will ja auch gar nicht dorthin, wo Sie ankommen wollen.`“ Herrlich!

Joseph Roth: „Reisen in die Ukraine und nach Russland“.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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