Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte

Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte

Nachdem die Pandemie-Lage 2020 einen Strich durch eine geplante "Ethische Rendite"-Leser-Reise nach Namibia gemacht hatte, habe ich die Planung dazu wieder aufgenommen.

Angedacht ist nach wie vor eine gemeinsame Reise in überschaubarer Gruppe (max. 12 Personen), um Land und Leute abseits der üblichen Touristenrouten kennenzulernen.

Neben eindrucksvoller Natur sind auch Informationen über mögliche Investitionen und auch Hilfsprojekte geplant. Wenn Sie daran grundsätzlich Interesse haben, schreiben Sie mir gerne (redaktion@ethische-rendite.de).

Zur Vorbereitung habe ich mich auch in entsprechende aktuelle Lektüre zum Land vertieft.

Und in diesem Beitrag möchte ich einen alternativen Reisebegleiter "in die deutsche Kolonialgeschichte" Namibias besprechen. Es geht um:

Bernd Heyl: Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte

Diese Neuerscheinung ist genau das, was ich gesucht habe: Ein Reisebegleiter abseits der großen, üblichen Touristenrouten in Namibia.

In gut lesbare, überschaubar gehaltene Kapitel aufgeteilt finden sich dort Informationen zu sehr unterschiedlichen Reiseorten in Namibia.

Nach der Lektüre wissen die Leser/innen nun, wie es zum Beispiel zu geographischen Kuriositäten wie dem "Caprivi-Zipfel" (heute Zambezi-Region) gekommen ist.

Oder die Geschichte von Lüderitzbucht, angefangen vom "Meilenschwindel" bis hin zum Diamanten-Boom und der aktuellen Lage...

Erfreulicherweise werden auch eher abgelegene Orte wie Gibeon behandelt. Diese Gegend war und ist Sitz der sogenannten "Witboois" - und mit großem Interesse habe ich die Briefe von deren historischem Anführer Hendrik Witbooi gelesen.

Diese sind in Form der "Tagebücher des Hendrik Witbooi" veröffentlicht und sie wurden aus meiner beschränkten Sicht völlig zu Recht in das Weltdokumenterbe der UNESCO aufgenommen (hier der Wikipedia-Eintrag dazu). Für historisch Interessierte unbedingt lesenswert.

Doch es soll in diesem Beitrag ja um die Neuerscheinung "Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte" gehen. Das Buch wird seinem Namen vollkommen gerecht.

In den jeweiligen Kapiteln zu einem bestimmten Ort werden oft in Form von gut lesbaren Schaukästen oder farblich abgehobenen Abschnitten wichtige Hintergrundinformationen vermittelt.

Beispiel Swakopmund: Da wird neben der Schilderung der Stadtentwicklung auch die dunkle Seite der Stadtgeschichte behandelt, Stichwort "Konzentrationslager" oder auch "Zwei Stimmen zum Schnapshandel". Als Historiker finde ich es vorbildlich, dass die Publikation somit gewissermaßen ein ganzheitliches Bild vermittelt.

Dieses Bild ist übrigens in Namibia entstanden, dank "Ethische Rendite"-Premium-Lesern/innen konnte ich da ein Hilfsprojekt unterstützen. Insofern herzlichen Dank an die Premium-Leser/innen!

Als Reisender und Lesender wiederum bin ich vom Aufbau des Buches begeistert. Viele und auch gute Fotografien und Abbildungen von historischen Dokumenten oder alten Landkarten etc. haben zumindest mir großen intellektuellen Genuss bereitet (auch wenn ich beim Betrachten alter Fotografien merkte, dass sich meine Sehkraft verschlechtert hat).

Und wo sonst finden sich Informationen wie diese, dass eine Gruppe von Herero und Nama unter Wortführung des Evangelisten Josaphat Kamatoto im Jahr 1896 eine Audienz beim deutschen Kaiser in Berlin hatte? Dazu möchte ich gerne selber weiter recherchieren, nachdem mich dieses Buch darauf aufmerksam gemacht hat.

Also klare Leseempfehlung, Daumen hoch? Warten Sie bitte einen Moment. Ich habe da noch einen Punkt.

Und zwar ist mir das Buch an einigen Stellen zu moralisierend-borniert.

Gewiss können Sie nun einwenden, das wiederum spricht für meine beschränkte Sicht, und damit hätten Sie durchaus auch Recht. Aber in diesem Beitrag geht es ja schließlich um meine rein subjektive Sicht.

Was ich damit meine:

Der Autor stellt Fehlentwicklungen und Gräueltaten aus der Epoche der deutschen Kolonialzeit hervor und hat damit Recht. Er schießt aber aus meiner Sicht insofern über das Ziel hinaus, als er selektive Wahrnehmung betreibt und eine 150%ige antikoloniale Brille anhat. Bei dieser Betrachtungsweise kann sich ein Deutscher der Jahre 1884 bis 1915 nur als "böse" erweisen.

Das ist mir indes viel zu plump. Ein Beispiel:

Zwei aus meiner Sicht sehr interessante und schillernde Persönlichkeiten waren Jayta Humphreys Hans Heinrich von Wolf.

Sie war die vermögende Stieftochter eines US-Konsuls und er war sächsicher Artillerie-Offizier.

Beide heirateten und entschlossen sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts dazu, ins damalige Deutsch-Südwestafrika auszuwandern und dort in der Halbwüste englische und australische Rennpferde zu züchten. Sie ließen dort ein extravagantes Schloss im historisierenden Stil erreichten - Schloss Duwisib.

Die extravagante Möblierung und ein Großteil des Baumaterials mussten per Ochsenwagen ca. 300 km durch die Wüste vom nächsten Atlantikhafen herangeschafft werden. Währenddessen lebte das junge Ehepaar in einem Zelt.

Nach Fertigstellung des Schlosses sollen dort rauschende Feste gefeiert worden sein. Auf einer Schiffsreise nach Großbritannien wurden die Beiden vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht.

Über Brasilien und die Niederlande konnte der Ehemann nach Deutschland reisen - angeblich zwischenzeitlich als Frau verkleidet -, um dann im Ersten Weltkrieg zu fallen. Das Gestüt ging nach dem Ersten Weltkrieg in die Insolvenz.

Was für eine Geschichte, was für schillernde Persönlichkeiten, was wäre das für eine bildgewaltige Verfilmung wert!

Doch was findet sich in dem Buch "Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte" für eine Aussage zu Jayta Humphreys und Hans Heinrich von Wolf? Ich zitiere:

"Die weißen Herrenmenschen spielten ihr Spiel. Das geschundene Land und die unterdrückten und entrechteten Afrikanerinnen und Afrikaner sollten dies klaglos ertragen."

Da konnte ich dann doch nur enttäuscht aufseufzen ob einer solch phantasielosen, borniert-moralisierenden Sichtweise.

Für den Autoren spricht, dass er selber mehrmals in Namibia war und laut seinen Angaben mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten vor Ort gesprochen hat.

Zudem sind namhafte Autoren und Historiker an dem Buch mit eigenen Texten beteiligt, ich nenne nur Werner Hillebrecht (ehemaliger Leiter des Staatsarchivs Namibia) und den Afrikanisten Henning Melber.

Insgesamt kann ich das Buch Namibia- und Geschichts-Interessierten unter der genannten Einschränkung empfehlen:

Bernd Heyl: Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M. A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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