„Old World“
Ein neues rundenbasiertes, historisches Strategie-Spiel für den PC? Ich bin dabei!
Vor Jahren als ich noch jung und dumm war, veredelte ich einen beträchtlichen Teil meiner Freizeit mit Computer-Strategiespielen (Lebensabschnittsgefährtinnen ersetzen "veredelte" durch "verschwendete").
Ich wurde älter (und weiser?), und für diese Form der Freizeitbeschäftigung nehme ich mir kaum noch Zeit.
Eine Ausnahme habe ich bei dieser Neuerscheinung gemacht: "Old World" von Mohawk Games
Ich empfehle den folgenden 1:39 min langen "Trailer" bei Youtube für einen schnellen Eindruck von dem Spiel:
Natürlich vergleiche ich so ein Aufbauspiel wie "Old World" umgehend mit meinem Favoriten "Civilization". Und in der Tat...da wie dort beginnt man mit gerade einmal einer Siedler-Einheit in der Vorgeschichte bzw. Antike.
Nach Festlegung des Siedlungsortes für die erste eigene Stadt geht es los ... diese Stadt entwickeln ... neue Städte gründen ... Einheiten bauen ... Diplomatie ... Religion ... Kriegführung...
Wobei "Civilization" spieltechnisch bis in die Zukunft reicht..."Old World" hingegen in der Antike bleibt.
Doch konkret zu "Old World".
Hier gibt es einige interessante Unterschiede zu Civilization.
Als Beispiel dafür nenne ich die Ressource "Orders", sprich Befehle. Nun lassen sich nicht mehr unbegrenzt Befehle erteilen, sprich alle Einheiten bewegen etc. pp.
In "Old World" gibt es zu Beginn z.B. 9 Befehle, und das war es. Auch Stadt-Aktionen verbrauchen dann einen Befehl. Eine Einheit bewegen ebenfalls, wobei es je nach Bewegungsweite auch mehrere Befehlspunkte kosten kann.
Da gilt es abzuwägen - ist es wichtiger, dieser Arbeitseinheit zu befehlen, einen Weingarten anzulegen? Oder soll ich lieber diese Bogenschützen-Einheit näher an die Grenze bewegen? Oder soll ich einen Befehlspunkt nutzen, um einen Adligen dafür abzustellen, den Thronfolger zu unterrichten?
Letzter Punkt deutet auf eine Besonderheit des Spieles hin:
Hier werden Geschichten erzählt.
Es geht nicht nur um das Optimieren des eigenen Reichs, sondern es erscheinen in nicht planbarer Weise diverse Ereignisse.
Da sind dann Entscheidungen gefragt, die sich im späteren Spielverlauf auswirken.
Beispiel: Während man im Krieg ist, gibt es eine Meldung, dass um die Hauptstadt herum eine Wegelagerer-Bande ihr Unwesen treibt. Die Entscheidungsmöglichkeit lautet, eine Speerträger-Einheit von der Front abzuziehen, um diese Wegelagerer zu verfolgen - oder eben nicht.
Je nach Auswahl gibt es dann möglicherweise darauf aufbauende Folge-Events.
Und es gibt einen Stammbaum: Der eigene Herrscher ist nun nicht mehr abstrakt, sondern sehr konkret. Ich habe mit Karthago angefangen und spielte dann die Königin Dido mit konkreten Eigenschaften und Beziehungen zu anderen Familienmitgliedern.
Und es gibt auch noch drei andere Adelsfamilien mit eigenen Mitgliedern, mit denen ich individuell interagieren kann.
Hier ein Beispiel für die alternden Computer-Mitspieler/innen:
Hier ein typisches Szenario aus dem Spiel, das veranschaulicht, wie sich die Beziehungen zu und zwischen den im Spiel vom Computer gesteuerten Figuren im Laufe der Zeit wie in der realen Menschheitsgeschichte entwickeln - weil die Figuren eben ein historisches "Gedächtnis" haben:
Nach Gründung einer Stadt gilt es fein abzuwägen ... soll die neu gegründete Stadt nun dieser Familie oder der anderen zugeordnet werden ... soll ich meine zweitgeborene Tochter mit dem Sohn dieser Familie verheiraten ... doch was ist das, sie weigert sich, soll ich das berücksichtigen? Und da fordert ein "Barbarenstamm", bei uns einzuheiraten, im Gegenzug würden sie für uns kämpfen...
Das Spiel ist äußerst stimmig und die eben beschriebenen Punkte führen dazu, dass ich mich zu Beginn des Spiels regelrecht erschlagen fühlte von den zahlreichen Möglichkeiten und den zig Anzeigen. An dieser Stelle lässt sich
- a) kapitulieren und das Spiel beenden, auf Nimmerwiedersehen
- b) mit Ehrgeiz an die Sache herangehen...erstmal auf einfacher Stufe erkunden...Mechanismen verstehen, sich ins Spiel ziehen lassen...
Wie Sie sich denken können, habe ich es mit b) versucht. Und ich bin nicht enttäuscht worden.
Wer sich einige Stunden Zeit nimmt, um die Mechanismen zu verstehen, der wird dafür mit einem Story-getriebenen, Runden basierten Strategiespiel der Extraklasse belohnt. Und ganz nebenbei wird so auch jede Menge Wissen über die Antike vermittelt.
Für mich ein klares Daumen hoch für:
"Old World" von Mohawk Games (derzeit nur auf Englisch erhältlich)
Bei Interesse finden Sie auf der Internetseite des Anbieters mehr dazu.
Mit herzlichem Gruß!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.