Rezension AuZtralien

Rezension AuZtralien

Ich hoffe, Sie hatten angenehme Feiertage. Ich mag die derzeitigen Tage "zwischen den Jahren" recht gerne. Das alte Jahr ist im Grunde "gelaufen", aber noch nicht ganz - und das neue Jahr hat noch nicht begonnen...

Da die Tage auch kurz sind, ist es in meinen Augen die perfekte Zeit für lange Brettspielabende. Und da war in den vergangenen Tagen nach mehreren gespielten Partien diese Neuerscheinung eindeutig unser Favorit:

Martin Wallace: AuZtralien

Den Autoren schätze ich seit Jahren für seine Entwicklung von anspruchsvollen Strategiespielen (wie "Brass" zum Thema Industrielle Revolution in Großbritannien).

Das neue Spiel mit der auffälligen Rechtschreibung "AuZtralien" wurde erfreulicherweise vom Schwerkraft Verlag lokalisiert, sprich es wurde eine deutschsprachige Version auf den Markt gebracht. Diese haben wir gespielt.

Thematisch ist das Spiel im Australien zur Zeit der 1940er Jahre angesiedelt

Die Spieler/innen beginnen an einem Hafen und erschließen das Landesinnere. Das Spiel ist vom Verlag treffend charakterisiert ein "Militär-/Wirtschafts-/Abenteuerspiel".

Denn AuZtralien ist in einer alternativen Realität angesiedelt. So spielt der "Cthulhu-Mythos" des US-Schriftstellers H.P. Lovecraft mit hinein. Konkret geht es darum, dass sich die "Großen Alten" seiner Romane im Outbook von Australien versteckt halten und als Gegner der Spieler/innen agieren. Da ich zwar vor Jahren ein Buch von H.P. Lovecraft gelesen habe, mich aber kaum erinnere, hatte ich etwas Bedenken ob des Cthulhu-Mythos. Ist dessen Kenntnis notwendig, um mit "AuZtralien" Spielspaß zu haben?

Diese Frage kann ich inzwischen guten Gewissens zumindest für mich beantworten. Kenntnis der Romane von H.P. Lovecraft ist absolut nicht notwendig. Es genügt, sich die "Großen Alten" einfach als "Monster" vorzustellen, die es zu bekämpfen gilt. Die notwendigen Werte (Stärke und Siegpunkte) finden sich auf jedem "Monsterplättchen).

Zu Beginn werden diese - verdeckt - auf der Landkarte verteilt.

Es gibt zwei mögliche Landkarten:

Eine zeigt das südöstliche Australien, die andere das westliche Australien um Perth (auf der Rückseite). Hier die Variante mit dem südöstlichen Australien:

Quelle: Verlagsangaben

Wer am Zug ist, kann genau eine von acht Aktionen auswählen:

  1. Gleise verlegen
  2. Ressourcen fördern
  3. Hilfe anwerben
  4. Militäreinheit kaufen
  5. Importieren/Exportieren
  6. Farm errichten
  7. Angreifen
  8. Marker einsammeln

Gut gefällt mir hier, dass die Züge nicht reihum verlaufen. Stattdessen wird deN Aktionen "Zeit" zugeordnet, und entsprechend der ausgwählten Aktion wird die eigene Scheibe auf der Zählleiste vorgezogen. So kann es sein, dass ein Spieler mehrmals an der Reihe ist, weil er z.B. zwei oder drei Aktionen mit Zeitdauer von "1" ausgewählt hat, während andere z.B. Gleisbau durch Hügel durchführen, was "3" Zeit kostet.

Siegpunkte gibt es für errichtete Farmen und besiegte "Große Alte" (Monster). Um Letztere zu besiegen, ist Militär notwendig. Dies finde ich übrigens äußerst stimmig dargestellt - vom Stil her eine Mischung des ANZAC-Corps und den britischen Truppen im Zweiten Weltkrieg. Zum Aufstellen der Einheiten ist Gold notwendig, was es z.B. durch Errichten von Farmen gibt...

Hier zeigt sich meiner Ansicht nach eine der großen Stärken des Spiels:

Der semi-kooperative Ansatz

Denn nicht nur die Spieler erhalten Siegpunkte - sondern auch die "Großen Alten" (und zwar für zerstörte Farmen sowie für jeden überlebenden "Großen Alten", abhängig von deren Stärke). Und wenn die "Großen Alten" am Ende mehr Siegpunkte haben als jede(r) einzelne Spieler(in), dann haben die menschlichen Spieler verloren. Verloren haben diese auch, sobald einer der Spieler den eigenen Hafen (= Basis) verliert.

Insofern ergab sich hier in unseren Runden ein feines Taktieren. Natürlich will ich gewinnen...warum soll ich meinem Nachbarn helfen...aber wenn dieser völlig untergeht, dann haben wir vielleicht alle das Spiel verloren...also punktuell zusammenarbeiten, aber wie genau wird das balanciert? Das gekoppelt mit Verhandlungen unter den Spielern machte zumindest für mich den größten Spielspaß aus.

Abwechslung gibt es auch durch Helferkarten: Diese zeigen mögliche Helfer an, die angworben werden können. Eine Aboriginee, die für Maisfarmen mehr Siegpunkte gibt, ein deutscher Tüftler oder ein britischer Corporal, der einen geordneten Rückzug ermöglicht (klingt schwach, hat mir aber sehr geholfen) - fein! Und schön illustriert, was sehr zum Flair des Spiels beiträgt. Ebenso wie die Ressourcen-Token. Da kann Phosphat, Kohle oder Eisenerz abgebaut werden...was mir als Rohstoff-Freak natürlich besonders Spaß gemacht hat.

Mein Fazit:

Insgesamt von mir ein klares Daumen hoch für AuZtralien. Der bewährte Autor Martin Wallace hat hier mal wieder einen Strategie-Leckerbissen entwickelt, der sich zudem von der Komplexität der Regeln her im erfreulicherweise überschaubaren Rahmen bewegt. Eine Regelerklärung von ca. 30 Minuten durch einen Regelkundingen sollte hier indes eingeplant werden.

Nun aber: Guten Rutsch und hoffentlich in alter Frische in 2020!

Ihr

Michael Vaupel

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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