Tagebuch eines deutschen Missionars

Tagebuch eines deutschen Missionars

Merkwürdig: Bereits mehrere Male ist es mir passiert, dass ich mich Personen der Zeitgeschichte verbundener fühle als geistlosen Zeitgenossen/innen. Für Letzteres genügt z.B. das Einschalten des Fernsehgerätes, nach wenigen Minuten werde ich da "fündig".

Für Ersteres empfehle ich die Lektüre zu Themen, die Sie interessieren - und etwas Vorauswahl bei den Autoren. Übrigens müssen dies gar keine Schriftsteller sein. Sie können sich denken, dass ich das nicht erwähnen würde, wenn es mir nicht neulich so ergangen ist.

Denn durch Pater Gerhard - er ruhe in Frieden - gelangte ich nicht nur nach Malawi (Über mich) und entwickelte meinen Weg des Investierens mit Herz und Verstand (Ehrenamt), sondern beschäftigte mich auch mit Missionaren.

Da ich mich für die ehemals deutsche Kolonie "Deutsch-Südwestafrika" - das heutige Namibia - interessiere, entschloss ich mich, das Tagebuch eines deutschen Missionars zu lesen, der dort 1906/1907 vor Ort war. Da er die Missionsstationen inspizierte, reiste er durchs Land und konnte so interessante Eindrücke gewinnen.

Und erfreulicherweise hat er seine Eindrücke in einem Tagebuch festgehalten, welches vor einigen Jahren veröffentlicht wurde. Seine Grundhaltung ist "anschauen und zuhören", was ich sehr sympathisch finde. Und während es in der damaligen Kolonie weitverbreiteten Rassismus gab, wird dieser Misionar durch seinen Glauben und die Liebe zu Mitmenschen - egal welcher Hautfarbe - geleitet.

Das mit einem Blick für das Land und auch Selbstkritik und dem mutigen, aber ruhigen Eintreten für seine Überzeugungen hat mir diesen Missionar sehr sympathisch gemacht. Und nach der Lektüre einiger Hundert Seiten seines Tagebuchs fühle ich mich ihm durchaus verbunden als eine Art Verwandter im Geiste.

Achja, es geht hier übrigens um Johannes Spiecker (hier sein Wikipedia-Eintrag), 1856 bis 1920 lebte er.

Der kleine, aus meiner Sicht feine "Simon Verlag für Bibliothekswissen" hat Spieckers Tagebuch veröffentlicht.

Ich möchte die Lektüre keineswegs jedem/jeder empfehlen - denn das Thema ist durchaus speziell. Zudem ist das Tagebuch streckenweise langatmig. Kein Wunder: Denn es ist ein Tagebuch, nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen. Deshalb thematisiert der Missionar da auch, wie er geschlafen hat, wann es was zu essen gab etc. pp. ("das Essen auf den Woermann-Dampfern nie behagt".)

Es ist erst gut 100 Jahre her, dass er mit dem Ochsenkarren durch das südliche Afrika zog. In wie vielen Bereichen hat sich die Welt dramatisch verändert...und wievieles ist doch ähnlich geblieben.

Das Thema Kolonialismus und dessen Folgen war ja zuletzt ein bisschen in den Medien.

Ein Aspekt davon ist auch die Diskussion um sogenannte "Beutekunst". Wenn kulturelle Güter ohne Einverständnis der "Eingeborenen" in ferne Museen transportiert wurden - wie jetzt damit umgehen? Zurückgeben?

Klar, sagen manche. Doch was ist dann mit einem Fall wie diesem: In Namibia stand ein steinernes Kreuz am Atlantik, welches die deutschen Kolonialherren abtransportierten und nach Berlin brachten (eine Kopie blieb dort). Das Original soll nun Namibia "zurückgegeben" werden.

Da kann ich nur müde lächeln - denn das Kreuz wurde 1486 (!) vom portugisieschen Seefahrer Diogo Cão bzw. dessen Mannschaft dort platziert.

Eine TV-Serie, die in etwa zu der Zeit des Tagesbuchs spielt

Wenn, dann hätte das Original-Steinkreuz dann ja wohl eher Portugal "zurückgegeben" werden müssen. Das zeigt, dass es hier nicht um einfache Gutmenschen-Entscheidungen geht, sondern der Sachverhalt durchaus diffizil sein kann.

Wen diese Thematik interessiert, den möchte ich auf den neuen Blog des genannten Verlags (Simon Verlag für Bibliothekswissen) verweisen, da dort - etwas unübersichtlich - genau solche Themen behandelt werden.

Dort können Sie auch bei Interesse das Tagebuch von Johannes Spiecker beziehen, hier der Link zur Seite des Verlags:

http://simon-bibliothekswissen.de/

Angenehmen Feierabend!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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