
Anruf von Pater Gerhard
Gerade gehen sehr gemischte Emotionen durch meine Seele. Ich hatte eine Nachricht von Pater Gerhard vom Malawi-Hilfsprojekt auf meinem Anrufbeantworter - ich rief ihn zurück und habe eben längere Zeit mit ihm gesprochen. Er berichtete für mich überraschend: Der Tod habe bei ihm akut angeklopft. Er habe es vorerst "überlebt", eine kurze Frist sei ihm noch gegeben - von Gott geschenkt, wie er es ausdrückte. Er genieße jede Sekunde davon und wisse nicht, ob er noch Tage, Wochen, Monate oder vielleicht noch länger leben würde, sei jetzt in Deutschland in einem Pflegeheim und intensiv betreut. Das Hilfsprojekt in Malawi könne er deshalb nicht mehr betreuen, dieses Kapitel ist für ihn nun abgeschlossen.
Wir sprachen eben längere Zeit über das Projekt. Ich hatte vorher mitbekommen, dass Pater Gerhard dieses in einheimische Hände gelegt hatte. Es sei gerade das Ziel gewesen, nicht fortlaufend Gelder zu schicken - sondern es ging um eine einmalige Anschubfinanzierung.
Die Würde des Menschen ist Pater Gerhard wichtig. Und für ihn bedeutet das praktisch, dass er einem Bettelnden nicht einfach etwas schenkt (außer es besteht akute Not) - sondern dass er ihm/ihr die Möglichkeit bietet, sich durch eigene Arbeit selber etwas zu verdienen. Das hilft und wahrt gleichzeitig die Würde des Betreffenden. Diese Philosophie finde ich großartig. Und genau das funktioniert mit dem Gartenprojekt:
Durch den Einsatz von Pumpen in Nord-Malawi können bestimmte Länderein nun ganzjährig bewirtschaftet werden, mit mehreren Ernten pro Jahr. Dies kombiniert mit Aufforstungen zur Verhinderung von Erosion und auch dem Anlegen von Fischteichen ermöglicht den Dörfern, die an dem Projekt teilnehmen, in eigener, ehrlicher Arbeit die Nahrungsmittelproduktion zu steigern und abwechslungsreiche Nahrung auf dem Tisch zu haben.
Und es funktioniert! Es sind keine neuen Gelder notwendig. Die Koordination vor Ort erfolgt von Einheimischen - Pater Gerhard hat in seinem jahrelangen Aufenthalt in Malawi natürlich diverse Kontakte. Und was hatten die Menschen vor Ort für strahlende Augen, als ich Ihnen erzählte, dass ich Sie im Auftrag von "Father Gerhard" besuche.
Nun sieht es so aus, als ob es mit dem irdischen Leben von Vater Gerhard zu Ende geht. Ich habe den Mann sehr schätzen gelernt. Er hat in wahrer christlicher Nächstenliebe einen bedeutenden Teil seines Lebens den Ärmsten der Armen geschenkt. Und er war so glücklich eben am Telefon. Er dankte Gott, dass er die Möglichkeit hatte, im Laufe der Jahre wahrscheinlich Tausende (!) Menschen vor Elend und Hunger zu bewahren. Und dies möchte ich insbesondere denjenigen unter meinen Leser(inne)n mitteilen, die ebenfalls das Malawi-Projekt unterstützt haben.
Mein Leben liegt in deinen Händen - das habe er zu Gott gesagt, so Pater Gerhard. Er wirkte nicht traurig, sondern hatte die durchaus heitere Gelassenheit desjenigen, der sich darauf freut, bald seinem Schöpfer gegenüber zu treten. Das fand ich sehr beeindruckend. Doch jetzt, einige Zeit nach dem Telefonat, bin ich schlicht und einfach traurig.
Zitat des Tages:
„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ – Die Bibel: Matthäus 25,40
Nachtrag 2018: Inzwischen ist Pater Gerhard gestorben. Er ruhe in Frieden.
„Es ist dunkler, wenn ein Stern erlischt, als es sein würde, wenn er nie gestrahlt hätte.“ – George Bernard Shaw