Merck

Merck

Wer sich eine DAX-Aktie wie Merck anschaut, der kann natürlich rein charttechnisch an die Sache herangehen, Unterstützungen und Widerstände suchen, sich die Entwicklung der Bollinger Bänder oder des RSI anschauen, etc. pp.

Ist ja nichts gegen einzuwenden - aber das alleine wäre mir zu langweilig. Ich persönlich möchte mich schon näher mit einem Unternehmen beschäftigen, in das ich möglicherweise investiere. Aber das ist natürlich persönliche Geschmackssache.

Was ich neulich gelesen habe, war aber auch für meine Verhältnisse ungewöhnlich. Denn: Eben habe ich die Lektüre einer neuen Publikation namens "Merck" beendet. Der Untertitel bringt auf den Punkt, um was es geht, Zitat: "1668-2018 Von der Apotheke zum Weltkonzern"

Da ich z.B. zuvor nicht verstanden hatte, wieso es eine "Merck Kommanditgesellschaft auf Aktien" (das ist der DAX-Titel) und eine ebenfalls börsennotierte "Merck & Co." gibt.

719 Seiten zur Firmengeschichte von Merck

Jetzt weiß ich es - nach der Lektüre des 719seitigen Werkes "Merck". Den Anhang (der über 200 Seiten umfasst) habe ich mir allerdings "geschenkt", so gerne ich sonst auch in die Fußnoten und Quellen schaue.

Diese Neuerscheinung im renommierten C.H. Beck Verlag ist eine wahre Fleißarbeit. Das Buch geht über bekannte "Festschriften" zu Firmenjubiläen weit hinaus. Dazu trägt bei, dass sich hier gleich mehrere Professoren mit der Geschichte des Unternehmens Merck beschäftigt haben. Und da ich auch Historiker bin (M.A.), schlackerten gewissermaßen meine Ohren, als ich las, auf welche Quellen dabei zurückgegriffen wurde. Ich zitiere dazu:

Insgesamt wurden über 56 Archive im In- und Ausland auf relevante Quellen angefragt und schließlich Aktenmaterial aus über zwei Dutzend Archiven ausgewertet.

Respekt!

Die Firmengeschichte von Merck ist gleichzeitig auch eine Geschichte der gleichnamigen Familie. Und insofern faszinierend, wie Mr. Spock sagen würde.

Doch ich habe zunächst in der Fülle von Informationen regelrecht den Überblick verloren. Im 17./18. Jahrhundert folgt ein Merck auf den nächsten, da wird geschildert, wen die Töchter geheiratet haben, und was die Eltern dieser Schwiegersöhne getan haben....als dann auch noch geschildert wird, bei welchen der mir völlig unbekannten Botaniker oder Mineralogen Johann Anton Merck Ende der 1770er Jahre während seines Studiums Vorlesungen hörte, war für mich der Status "Information Overload" erreicht.

Merck

Ich las dennoch weiter, und wurde durchaus belohnt. Denn später wurde es mit dem Bekanntheitsgrad der Zeitgenossen auch interessanter. Ein Beispiel: Sigmund Freud erhielt Kokain von Merck für "Selbstversuche", Merck bot eine bezahlte Zusammenarbeit an.  Damals alles andere als ungesetzlich: Kokain war seit den 1880ern "eines der wichtigsten Präparate von Merck". Auch Opium war ein wichtiges Produkt. Es gibt auch schöne Bilder von der Opiumernte in Asien im Buch. Doch damit kein falsches Bild aufkommt: Merck bot zwar Kokain, Morphium und Codein an - aber eben auch buchstäblich Tausende andere Produkte.

Alleine zwischen 1880 und 1890 soll sich das Angebot an Produkten auf 5.000 (!) ca. verdoppelt haben. Merck wurde zur Apotheke der Welt.

Höchst interessant fand ich auch die Auswirkungen der politischen Entwicklungen auf das Unternehmen Merck. Beispiel Erster Weltkrieg: Da plante das Unternehmen u.a., über das Handels U-Boot Bremen die britische Blockade zu umgehen und mit den 1916 noch neutralen USA zu handeln. Besagtes U-Boot ging bei der Überfahrt allerdings verloren.

Wieso es heute eine Merck KGaA und eine Merck & Co. gibt

Und im Ersten Weltkrieg wurde dann der in den USA befindliche Teil des Unternehmens Merck nach dem Kriegseintritt der USA auf alliierter Seite konfisziert. Es gab dann nach dem Krieg später einige Zahlungen, ich glaube es waren einige Hunderttausend Dollar. Der konfiszierte Teil jedenfalls wurde zur besagten "Merck & Co.", die heute ca. 40 Mrd. Dollar (!) Umsatz erzielt und Zehntausende Beschäftigte erzielt. Nur der Name erinnert noch daran, dass dieses Unternehmen ursprünglich aus Merck hervorging...

Das Buch geht bis ins Jahr 2018. Und als da geschildert wird, dass Merck innerhalb einer Dekade 31 Mrd. Euro für Akquisitionen ausgegeben und gleichzeitig 7 Mrd. Euro für Verkäufe erhalten hat, da wusste ich, warum ich da in den vergangenen Jahren den Überblick verloren hatte über Dinge wie Kauf von Sigma-Aldrich etc. pp.

Das Buch selbst ist für diejenigen, die sich mit der Geschichte des Unternehmens Merck beschäftigen möchten, eine wahre Goldgrupe. Wer allerdings im Hinblick auf ein Investment in die Merck Aktie nach neuen Erkenntnissen sucht, der wird wahrscheinlich enttäuscht. Zudem fielen mir einige kleinere Ungenauigkeiten/Fehler gerade im Hinblick auf die Schilderung von Aktien relevanten Punkten auf. So steht auf S. 115, dass einer der Mercks Aktien erwarb und dafür "Zinsen" erhielt. Wie wir alle wissen, ist das Wort "Zinsen" bei Aktien nicht angebracht.

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Bei Interesse finden Sie unter diesem Link eine kostenlose Leseprobe

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende!

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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