Rezension: Evolution der Bienenhaltung
Auf dieses Buch bin ich aufmerksam geworden, weil es in der Neuerscheinung "Aufbruch in eine neue Bienenhaltung" (hier meine Rezension dazu) erwähnt wurde.
Der Autor des hier besprochenen Buches "Evolution der Bienenhaltung" hat den nach ihm benannten "Schiffer Tree" entwickelt - eine Alternative zu den herkömmlichen "Beuten" in der Bienenhaltung.
Insofern richtet sich das Buch in erster Linie an Hobby-Imker/innen bzw. generell am Thema Bienen Interessierte. Ich weise einschränkend darauf hin, dass ich selbst bei dem Thema kein Experte bin und auch - leider - keine Bienenvölker halte. Immerhin habe ich mir ein wenig grundlegendes Wissen angeeignet, zum Beispiel durch die Teilnahme an einem mehrwöchigen Seminar "Einführung in die Bienenhaltung".
In dieser Neuerscheinung Evolution der Bienenhaltung geht der Autor Torben Schiffer jedenfalls hart mit der konventionellen Bienenhaltung ins Gericht. Die Haltung von Bienen in Beuten mit über 100 Liter Volumen sei unnatürlich und würde viele Probleme überhaupt erst schaffen, die dann wieder auf fragwürdige Weise gelöst werden. Beispiel Varoa-Milben. Da hatte ich in meinem Imkerkurs gelernt, dass diese mit 60%iger Bienensäure behandelt wird.
Schiffer erläutert, was das bedeutet: Nach so einer Behandlung reißen sich zahlreiche Bienen die Antennen vom Kopf, weil sie es offensichtlich nicht aushalten, dass ihre Beute mit Ameisensäure "behandelt" wird. Schiffer erklärt: Jeder Imker, der eine geringfügige Menge Dampf von Ameisensäure in die Nase bekam, wird kaum vergessen haben, wie schmerzhaft das war. Die Antennen der Bienen hingegen gehören laut ihm zu den "sensibelsten Instrumenten der Natur überhaupt". Was den Bienen somit mit einer "Behandlung" durch Ameisensäure angetan wird, ist mindestens fragwürdig.
Sein Grundtenor lautet: Eine naturnähere Bienenhaltung löst einige der Probleme der modernen, konventionellen Bienenhaltung. So schreibt der Autor sich selbst zu, zum Beispiel den "Bücherskorpion" zum Einsatz in Bienenvölkern wiederentdeckt zu haben. Diese kleinen Tierchen werden von den Bienen offenbar geduldet - und töten die Varoa-Milben. Das Hinzusetzen dieses natürlichen Fressfeindes der Milben sei gegenüber dem Einsatz der ätzenden Ameisensäure zu bevorzugen, so Schiffer.
Ein Teil des Inhaltsverzeichnisses. Quelle: Ulmer Verlag
Schiffer hat zudem den nach ihm benannten "Schiffer Tree" entwickelt - eine Bienenbehausung, die sich in ihrer Form an eine Baumhöhle anlehnt und deshalb diverse Vorteile bildet (keine Kältebrücken, bessere Isolierung...). So soll eine deutlich artgerechtere Bienenhaltung möglich sein. Es gibt einen Nachteil: Die Honigausbeute ist deutlich geringer, Schiffer spricht von 5 Kilogramm je Volk.
Doch wenn ein Hobbyimker den Ertrag zugunsten einer artgerechteren Haltung und dem Respekt vor diesen bewundernswerten Mitgeschöpfen zurückfahren möchte, so könnte dies eine schöne neue Möglichkeit sein. Ich selbst werde das bedenken, so ich denn einmal das Glück haben sollte, zumindest ein eigenes Bienenvolk zu haben.
Da es sich hier um eine relativ neue Entwicklung handelt, sehe ich es etwas kritisch, dass noch keine längerfristigen Erfahrungswerte im Hinblick auf die Nutzung des "Schiffer Trees" vorliegen. Ich würde mir wünschen, dass es innerhalb der Imkerschaft zu einer sachlichen Diskussion der Vor- und Nachteile der jeweiligen Beuten bzw. Schiffer Tree kommen würde. Ich selbst finde das Buch gut lesenswert und durchaus überzeugend - doch wie valide die genannten Aussagen sind, vermag ich als Nicht-Imker nicht zu bewerten.
Das Buch ist jedenfalls noch mehr als "Aufbruch in eine neue Bienenhaltung" an Praktiker der Bienenhaltung gerichtet - was ich hiermit einschränkend hinzufüge. Für diese möchte ich es indes als unbedingt lesenswert bezeichnen, und sei es nur, um das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen, was hilfreich sein kann (übrigens auch bei der Geldanlage).
Torben Schiffer: Evolution der Bienenhaltung
Unter diesem Link finden Sie bei Interesse eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Feierabend!
Ihr
Michael Vaupel
Diplom-Volkswirt / M.A.