Sprache, Glaube, Macht

Sprache, Glaube, Macht

Nachdem ich neulich nach der Lektüre des Tagebuchs eines deutschen Missionars aus den Jahren 1905-1907 gelesen hatte (hier mein Beitrag dazu), fühlte ich mich diesem Missionar namens  Johannes Spiecker (hier sein Wikipedia-Eintrag) im Geiste verbunden.

Wer sich denken sollte, dieses Tagebuch wäre doch eine großartige Quelle für eine aktuelle Auswertung, die sowohl literaturwissenschaftlich als auch historisch ist...

...mit inhaltsbezogener Textanalyse, historischer Einordnung des Berichteten...

...und etwa den Gedanken hätte, eine solche Auswertung anzufertigen...

...der oder die könnte sich diese Arbeit sparen. Denn genau das hat ein Urgroßenkel jenes Johannes Spiecker getan - erfreulicherweise, wie ich finde!

Denn diese Auswertung ist keine Hobby-Historiker Familien-Schmonzette, sondern eine systematische und kompetente Auswertung des Tagebuchs in gut lesbarer und strukturierter Form.

Es handelt sich um das Buch mit dem Titel "Sprache, Glaube, Macht" (daher der Name dieses Blog-Beitrags) von Martin Siefkes.

Natürlich ist das ein absolutes Nischenthema. Das zeigt sich auch schon daran, dass ich bei Amazon nicht eine einzige Rezension zu diesem Buch fand, obwohl es bereits einige Jahre auf dem Markt ist (VÖ war 2013).

Hier der Blick auf einen Teil des Inhaltsverzeichnisses:

Bereits zu Beginn fielen mir interessante Punkte auf wie die Existenz einer "Missions-Handels-Actien-Gesellschaft". Mit dieser wollte die Rheinische Mission mit den "Eingeborenen Handel treiben, ohne sie zu übervorteilen". So sollten zum Beispiel lokalen Bauern faire Abnahmepreise für ihre Produkte angeboten werden.

Das sollte durchaus auch einige Gewinne für die Mission bringen - aber durch fairen Handel zu beiderseitigem Vorteil. "Während die englischen Händler nur ihren Vorteil suchen", so hieß es dazu weiter.

Das klingt für mich sehr ansprechend - denn es entspricht in etwa meinem Motto für diese Seite "Ethische Rendite" - investieren mit Herz und Verstand. Nicht nur auf den Gewinn achten, aber auch nicht frei spenden - sondern faire Handelsbedingungen schaffen, Hilfe zur Selbsthilfe, Sie wissen, was ich meine.

Und gewiss, Sie haben Recht, ich schweife ab. Zurück zum Buch.

Ich finde es wirklich sehr gut, was für unterschiedliche Aspekte der Autor in seinem Buch behandelt - und es dennoch schafft, den Umfang auf knapp 200 Seiten zu halten.

  • Das hat den Nachteil, dass für die genannten Aspekte jeweils nur einige Seiten Raum bleiben, seien es "die anderen evangelischen Missionsgesellschaften", "Heinrich Fabri und die nationale Mission" oder die "Medizinische Versorgung".
  • Das hat den Vorteil, dass bereits nach Lektüre der knapp 200 Seiten eine solche Vielzahl an Themen angerissen wurden, dass zumindest ich hier Lust zum weiter recherchieren bekam und dankbar bin für den guten Überblick.

Natürlich gibt es vom Autoren auch direkt oder indirekt Einschätzungen zum Handeln des Protagnisten = dem Verfasser des Tagebuchs. Diese Einschätzungen teile ich keineswegs immer.

So vertritt der Autor zum Beispiel die Ansicht, dass "kritisch angemerkt werden" muss (von ihm), dass

"... Spiecker sich noch entschiedener für die vom Krieg Betroffenen hätte einsetzen können".

Gewiss, hätte er wahrscheinlich. Aber er war (soweit ich weiß) kein Heiliger - sondern ein aufrechter Mann, der christliche Nächstenliebe - für "weiß" wie "schwarz" - lebte und sich für das Gute einsetzte. Er war auf der Reise gesundheitlich angeschlagen und dennoch motiviert im Dienste des Guten.

Gewiss, er hätte mehr tun können - so wie jeder von uns im Sinne des Guten. Letztlich bleibt von meiner Seite keine Kritik am Verfasser des Tagebuchs, sondern eher Bedauern - Bedauern, dass es nicht mehr von seinem Kaliber gab. Und Bedauern auch über die harten Schicksalsschläge, die er erleiden musste. So fielen zwei seiner Söhne im Ersten Weltkrieg an der Somme, und er selbst verlor in der Hungerzeit nach dem Ersten Weltkrieg ca. 35 Kilogramm an Körpergewicht und starb dann geschwächt an einer Infektion. Er ruhe in Frieden.

Martin Siefkes: Sprache, Glaube und Macht - die Aufzeichnungen des Johannes Spiecker in Deutsch-Südwestafrika zur Zeit des Herero-Nama-Aufstands

Ich biete "Ethische Rendite"-Lesern/innen an, eine kostenlose PDF Datei des Buches natürlich mit Zustimmung des Autors zu schicken.

Wenn Sie das interessiert, schreiben Sie mich einfach an (info@ethische-rendite.de).

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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