Zucker!

Zucker!

Bei Sachbüchern habe ich aktuell eine Lieblings-Reihe namens "Stoffgeschichten". Da geht es laut Verlag um "Stoffe, die Geschichte schreiben" - das kann wirtschaftlich, ökologisch oder gesellschaftlich sein. Oder alles drei. Genau das ist nämlich im Fall von "Zucker" der Fall.

Nachdem ich die Bände zu "Phosphor" (hier meine Rezension) und Sand (hier meine Anmerkungen) gelesen hatte, habe ich mir nun den Band "Zucker" vorgenommen.

Und ich wurde erneut nicht enttäuscht.

Anders als beim Band zu "Phosphor" gibt es im Fall von "Zucker" nur einen Autoren, nämlich den britischen emeritierten Professor James Walvin (University of York).

Er beginnt das Buch anschaulich mit Schilderungen aus seiner Kindheit im England der 1950er und dem Thema Süßigkeiten und Schokolade.

Davon ausgehend spannt er den Bogen zum Thema Wirtschafts- und Kulturgeschichte des Zuckers.

Im Mittelalter in Europa noch ein Luxusgut, war es insbesondere die Entdeckung (aus europäischer Sicht) des amerikanischen Kontinents, welche den Zuckerkonsum in Europa explodieren ließ. Denn auf "Zuckerinseln" wie Haiti oder Jamaika wurde in großem Stil Zuckerrohr angebaut.

Der Autor schildert zwischenzeitlich spannend wie ein Krimi, wie das zu massiven Veränderungen geführt hat. Zum einen in Bezug auf die Flora vor Ort: Vorige Regenwälder wurden brandgerodet, stattdessen Zuckerrohr-Plantagen (Monokulturen) angelegt.

Die Arbeit auf den Zuckerrohr-Plantagen war Knochenarbeit. Es fanden sich nicht genügend Europäer, die als Lohnknechte arbeiteten - und dann war auch das Klima für Europäer unpassend bzw. die dazu gehörigen Malaria-Mücken. Die "Lösung": Sklaven aus Afrika einführen.

So kam es, dass Hunderttausende Sklaven aus Afrika in die Karibik und nach Südamerika gebracht wurden.

Ironie des Schicksals: Manchmal tauschten Sklavenhändler an der Westküste Afrikas die Produkte der Plantagenwirtschaft (Zucker, Rum, Melasse) gegen neue Sklaven, die dann auf solche Plantagen gebracht wurden.

Und später dann, als die Sklaverei abgeschafft wurde, wurden Verträge mit chinesischen und indischen Arbeitern geschlossen. Das hatte demographische Umwälzungen zur Folge...in manchen Gegenden wie Guayana oder auch Südafrika und Mauritius stellt deshalb die indischstämmige Bevölkerung einen signifikanten Anteil.

Der Blick ins Inhaltsverzeichnis

Auch im Hinblick auf geopolitische Entwicklungen spielte der Zucker eine wichtige Rolle. Gewiss, da waren die karibischen Inseln, die für europäische Kolonialnationen wie Frankreich und Großbritannien ein Quell von Reichtum waren, da dort in Massen Zucker angebaut wurde.

Das Verdienst des Autors ist es, darauf hinzuweisen, dass da zwischenzeitlich auch z.B. Dänemark mitspielte (Kolonie "Dänisch-Westindien", 1917 an die USA verkauft).

Und die USA selbst hatten aufgrund des gewaltigen Zucker-Hungers ihrer eigenen Bevölkerung ein großes Interesse an dieser Region...deshalb z.B. die zwischenzeitliche Besetzung von Kuba...und die Annexion von Hawai im Jahr 1898. Die Hintergründe dazu schildert der Autor kenntnisreich und gut lesenswert.

Als Fazit bleibt, dass der übermäßige Konsum von Zucker signifikante gesundheitliche Probleme mit sich bringen kann...

...der Anbau von Zucker kann Ökosysteme zerstören....

...und der Anbau von Zucker führte dazu, dass Hunderttausende oder gar Millionen Menschen Knochenarbeit auf Zuckerplantagen leisten mussten...

...wer weiß das heutzutage schon, wenn er/sie sich den Löffel Zucker in das eigene Glas Kaffee oder Tee einrührt?

Antwort: Diejenigen, welche diesen lesenswerten Band aus der Reihe "Stoffgeschichten" gelesen haben:

James Walvin: Zucker

Eine kostenlose Leseprobe in Form einer PDF-Datei finden Sie bei Interesse unter diesem Link.

Angenehme Lektüre!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

 

Michael Vaupel

"Fairness, Respekt vor Mensch und Tier sowie der gewiefte Blick für clevere Investment-Chancen - das lässt sich meiner Ansicht nach sehr wohl vereinen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir diese Ansicht gemeinsam vertreten werden - auch gegen den Mainstream."

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